Bodybuilding & Muskelaufbau

Sporternährung – Aktueller Stand der Wissenschaft – Teil 2

Zu den hunderten von Facharbeiten die jährlich zum Thema Sporternährung veröffentlicht werden, gibt das International Journal of Sports Nutrition in regelmäßigen Abständen einen zusammenfassenden Überblick.

Konkret geht es um die Fragen:

  • Wie sollte Sporternährung aussehen?
  • Welche Nahrungsergänzungen machen Sinn?
  • Welche Nahrungsergänzungen machen keinen Sinn?

In Teil 1 haben wir uns mit der Frage beschäftigt, wie viele Kalorien Sportlerinnen und Sportler einnehmen sollten und wie innerhalb der Kalorien die Makronährstoffe aufzuteilen sind. Heute soll es eine Ebene tiefer und die Versorgung mit Mikronährstoffen aber auch mit Flüssigkeit gehen.

 

Strategisches Essen

Gesunde Lebensmittel
Zusammensetzung der Mahlzeit und Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme spielen eine Rolle für die Leistungsfähigkeit.

Zusätzlich zu den in Teil 1 beschriebenen allgemeinen Ernährungsrichtlinien hat sich die Forschung auch mit dem Zeitpunkt und der Zusammensetzung zu konsumierender Mahlzeiten befasst.

Tatsächlich spielen auch diese beiden Faktoren eine Rolle:

  • zur Leistungsoptimierung
  • für Trainingsanpassungen
  • zur Vermeidung von Übertraining

Richtiges Timing vor der Belastung

Interessant hierzu erscheint die Tatsache, dass ein Kohlenhydrat nach seiner Aufnahme etwa 4 Stunden benötigt bis es verdaut und als Muskel- und/oder Leberglykogen gespeichert wurde. Es erscheint demnach sinnvoll, Mahlzeiten mit energetischer Relevanz für das Training etwa 4 bis 6 Stunden davor einzunehmen.

Untersuchungen haben auch gezeigt, dass die Einnahme eines leichten Kohlenhydrat- und Proteinsnacks 30 bis 60 Minuten vor dem Training (z.B. 50 g Kohlenhydrate und 5 bis 10 g Protein) helfen kann

  • die Kohlenhydratverfügbarkeit gegen Ende eines intensiven Trainings zu erhöhen
  • trainingsinduziertem Eiweißabbau entgegenzuwirken

Versorgung bei langen Trainingseinheiten

Dauert das Training länger als eine Stunde an, sollten Glukose-/Elektrolytlösungen zugeführt werden. Man verspricht sich davon:

  • eine Stabilisierung des Blutzuckerspiegels
  • das Verhindern einer Dehydrierung
  • eine Verringerung immunsuppressiver Effekte durch Training

Versorgung nach dem Training

Nach intensivem Training sollten Sportler Kohlenhydrate und Protein (z.B. 1 g Kohlenhydrate und 0,5 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht) innerhalb von 30 Minuten nach dem Training verzehren. Außerdem sollte innerhalb von zwei Stunden nach dem Training zudem eine kohlenhydratreiche Mahlzeit verzehrt werden.

Es hat sich herausgestellt, dass diese Ernährungsstrategie dabei hilft:

  • die Glykogenresynthese zu beschleunigen
  • ein anaboleres Hormonprofil zu fördern
  • insgesamt die Regeneration zu beschleunigen

Detraining und Kohlenhydrat-Laden

Schließlich sollten die Athleten 2 bis 3 Tage vor dem Wettkampf das Training um 30 bis 50 % reduzieren und 200 bis 300 g / Tag zusätzliche Kohlenhydrate mit der Nahrung zu sich nehmen. Es hat sich gezeigt, dass Kohlenhydratsuperkompensation die Kohlenhydratspeicher vor dem Wettkampf übersättigt und die Ausdauerleistungsfähigkeit damit verbessert.

Der Standpunkt der ISSN zum Nährstoff-Timing für Sporternährung wird wie folgt zusammengefasst:

Der Verzehr einer High-Carb-Diet mit 8 – 12 g Kohlenhydraten pro Kilogramm Körpergewicht und Tag maximiert hepatische und muskuläre Glykogenspeicher.

Für schnellstmögliche Resynthese von verbrauchtem Glykogen nach Belastung eignet sich diese Vorgehensweise:

  • 1,2 g Kohlenhydrate pro Kilogramm Körpergewicht und Stunde
  • Über 70 % hoch glykämische Kohlenhydrate
  • Zusätzlich 3 bis 8 mg Koffein pro Kilogramm Körpergewicht
  • Pro 0,8 g Kohlenhydrate pro Kilogramm Körpergewicht werden 0,2 bis 0,4 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht eingenommen
  1. Längeres Training (über 90 Minuten) mit hoher Intensität (über 70 % VO2Max) bedarf der Zufuhr von 30 bis 60 g Kohlenhydraten / Stunde über eine 6 bis 8 %-ige Lösung aus Kohlenhydraten und Elektrolyten die in 10 bis 15 Minuten-Intervallen eingenommen wird.

  2. Der gesamte Proteinbedarf des Tages (siehe Teil 1) sollte vorzugsweise in gleichmäßigen Abständen alle 3 bis 4 Stunden in Dosierungen von 0,25 bis 0,4 g pro Kilogramm Körpergewicht aufgenommen werden.

  3. 10 bis 12 g essentielle Aminosäuren pro Gabe entweder in freier Form oder im Rahmen einer vollständigen Proteinquelle helfen dabei die Muskelproteinsynthese maximal zu stimulieren.

  4. Kohlenhydrate und Protein oder Protein alleine vor und nach dem Training sind in der Lage, Kraftleistung und die Körperzusammensetzung zu verbessern. Je mehr Nährstoffe vor der Belastung eingenommen werden wirkt sich dies effektmindernd auf die Versorgung nach dem Training aus.

  5. Bis 2 Stunden nach dem Training, ebenso wie vor dem Training stimuliert eingenommenes hochwertiges Protein die Muskelproteinsynthese.

 

Vitamine

Vitamin-Supplement

Einteilung

Die essentiellen, organischen Verbindungen erfüllen eine Vielzahl an Funktionen zur Energiesynthese, für Stoffwechselprozesse, für neurologische Prozesse oder aber als Radikalkiller.

Eingeteilt werden sie in 2 Kategorien:

  • Wasserlöslich (B, C)
  • Fettlöslich (A, D, E, K)

Während die überhöhte Aufnahme fettlöslicher Vitamine eine Toxizität begünstigen kann, werden wasserlösliche Vitamine bis auf wenige Ausnahmen ohne Nebenwirkungen über den Urin ausgeschieden, wenn zu viel davon aufgenommen wird. Ein Beispiel für eine mögliche Überdosierung auch bei wasserlöslichen Vitaminen wäre Vitamin B6 welches periphere Nervenschäden begünstigen kann.

Versorgungsstatus Sportler

Während eine Vollversorgung mit Vitaminen grundsätzlich von gesundheitliche Bedeutung ist, existieren nur wenige Hinweise zu spezifischen Nutzen für die Sporternährung. Da diätische Analysen von Sportlern regelmäßig einen Mangel an sowohl Kalorien als auch Vitaminen nachweisen, empfiehlt sich auf dieser Grundlage dennoch die Einnahme einer spezifischen Ergänzung. Auch ein aktueller Artikel im Journal of the American Medical Association spricht sich bei Sportlern für die Zufuhr eines niedrig dosierten Multivitamins aus. Aussagen, spezifische Ergänzungen wären im besten Falle nutzlos, bzw. sogar schädlich für Sportlerinnen und Sportler entsprechen nicht der derzeit verfügbaren Literatur.

Effekte und RDA-Einnahmeempfehlung

Welche Effekte Vitaminen im Einzelnen zugesprochen werden und wie hoch die empfohlene Zufuhrmenge nach RDA ausfällt zeigt beigefügte Darstellung. Der RDA-Wert gibt dabei Mengen an die derzeit für einen Großteil der Bevölkerung als ausreichend angesehen wird. Er trifft KEINE Aussage über den spezifischen Bedarf von Sportlern.

Fazit
Diätische Analysen von Sportlerinnen und Sportlern zeigen nicht selten Mangelversorgung bei einigen Vitaminen. Wo diese nicht über die normale Ernährung aufgenommen werden kann hilft die Verwendung einer spezifischen Ergänzung. Die absichtlich stark überhöhte Aufnahme verspricht keinen Zusatznutzen für die Sporternährung. Insbesondere im Falle fettlöslicher Vitamine kann sich auch eine Vitamintoxizität ergeben.

Anmerkung
Leider verliert der ISSN Review kein Wort darüber, inwieweit man als Sportlerin oder Sportler Vitamine über RDA einnehmen sollte, bzw. wie viel mehr gegebenenfalls zu veranschlagen ist.
Die deutsche Zeitschrift für Sportmedizin geht davon aus, dass für einige Vitamine ein Mehrbedarf bei Sportlern besteht.
Eine weitere Studie aus 2014 legt nahe, dass für Sportler insgesamt die Aufnahme von Vitaminen im Bereich von 100 bis 150 % RDA ausreichend erscheint.

 

Mineralstoffe (Mengen- und Spurenelemente)

Mineralstoff-Supplement

Nutzen und Funktion

Bei Mineralstoffen handelt es sich um anorganische Elemente die wie Vitamine für eine Vielzahl an Stoffwechselprozessen benötigt werden. Mineralien dienen daneben dem Gewebsaufbau, der Bildung von Enzymen und Hormonen sowie der neuronalen Kontrolle.

Versorgungsstatus

Auch in dieser Kategorie findet sich bei Sportlern generell oder in Verbindung mit körperlicher Belastung ein unzureichender Versorgungsstatus der sich leistungsmindernd auswirken kann. Besteht ein Mangel, sind Mineralstoffergänzungen in der Lage die körperliche Leistungsfähigkeit wieder zu verbessern. Aussagen, spezifische Ergänzungen wären im besten Falle nutzlos für die Sporternährung entsprechen nicht der derzeit verfügbaren Literatur.

Effekte und RDA-Einnahmeempfehlung

Welche Effekte Mineralstoffen im Einzelnen zugesprochen werden und wie hoch die empfohlene Zufuhrmenge nach RDA ausfällt zeigt beigefügte Darstellung. Der RDA-Wert gibt dabei Mengen an die derzeit für einen Großteil der Bevölkerung als ausreichend angesehen wird. Er trifft KEINE Aussage über den spezifischen Bedarf von Sportlern.

Fazit
Mineralstoffe müssen wie Vitamine zwingend über die Nahrung aufgenommen werden um den essentiellen Bedarf zu decken. Mangelversorgung ist bei Sportlerinnen und Sportlern nicht selten festzustellen. Auch hier kann aus diesem Grund eine zielgerichtete Ergänzung im Bedarfsfalle helfen die Leistungsfähigkeit zu erhalten.

Anmerkung
Leider verliert der ISSN Review kein Wort darüber, inwieweit man als Sportlerin oder Sportler Mineralstoffe über RDA einnehmen sollte, bzw. wie viel mehr gegebenenfalls zu veranschlagen ist.
Ein aktueller Review aus 2019 erklärt warum. So mangle es insgesamt an genügend Beweisen um spezielle Formulierungen des Mineralstoffbedarfs von Sportlern zu definieren. Speziell bei Magnesium und Eisen gehen die Forscher dennoch davon aus, dass ein Nutzen aus einer Verabreichung über RDA gezogen werden kann.

 

Flüssigkeit

Wasserglas
Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr beeinflusst die Leistungsfähigkeit.

Direkter Einfluss auf die Leistungsfähigkeit

Das wichtigste ergogene Hilfsmittel beeinflusst in relevantem Ausmaß die Leistungsfähigkeit, wenn es zu größeren Verlusten im Verlauf körperlicher Belastung kommt.

  • Bereits ein Gewichtsverlust von 2 % des Körpergewichts aus Wasser (1,4 kg bei einem 70 kg Athleten) kann die Leistungsfähigkeit enorm verringern.
  • Bei 4 % Verlust und mehr drohen Erschöpfung, Hitzeschlag oder gar Tod

Verluste im Rahmen sportlicher Belastung

Durchschnittlich verliert ein Athlet je nach vorherrschender Temperatur zwischen 0,5 und 2 Liter Flüssigkeit pro Stunde über Schweiß. Eben diese Menge sollte ausgleichsweise während körperlicher Belastung aufgenommen werden. Durst fungiert nicht als geeigneter Indikator für Flüssigkeitszufuhr, da er erst dann auftritt, wenn bereits eine erhebliche Menge an Schweiß verloren gegangen ist.

Hydrationsplan für Wettkampfbedingungen

Wichtig erscheint aus diesen Grund bereits vor sowie nach körperlicher Belastung eine ausreichende Hydration zu fördern.

  • 500 ml Flüssigkeit vor dem Schlafen gehen vor einem sportlichen Wettkampf
  • 500 ml nach dem Aufwachen am Ereignistag
  • 400 – 600 ml Wasser oder Sportgetränk in den 20 – 30 Minuten vor Belastungsbeginn
  • 0,5 – 2 Liter Flüssigkeit pro Stunde Belastung zum Hydrationsausgleich, d.h. alle 5 bis 15 Minuten trinken
  • Für jedes verlorene Pfund Körpergewicht im Rahmen der Belastung 3 Tassen Flüssigkeit

Von Bedeutung ist auch das Herstellen isotoner Lösungen (siehe Teil 1) und insbesondere der Ausgleich von Natriumverlusten.

Gewicht machen ist gefährlich

„Gewicht machen“ als Maßnahme für Sportarten mit Gewichtsklassen wird als stark leistungsmindernd und sogar gefährlich angesehen und sollte von Sportlerinnen und Sportlern über eine bessere Vorplanung in jedem Falle vermieden werden.

Fazit
Der große Anteil an Flüssigkeit im menschlichen Körper legt nahe, dass die Leistungsfähigkeit direkt mit dem Hydrationsstatus in Verbindung steht. Schon kleine Gewichtsverluste aus Flüssigkeit im einstelligen Bereich können immense Einbußen herbeiführen. Wichtig erscheint neben der reinen Zufuhr von Wasser zudem die entsprechende Teilchenkonzentration sowie der sportlergerechte Einsatz von Elektrolyten.

 

Resümee

Nach Kalorien und Makronährstoffen stellt die bedarfsgerechte Versorgung mit Vitaminen, Mineralstoffen und Flüssigkeit eine keinesfalls weniger wichtige Notwendigkeit der optimierten Sporternährung dar.

Die Frage spezieller Aufnahmeempfehlungen für Sportler wurde noch nicht abschließend geklärt. Es empfiehlt sich eine Aufnahme von mindestens 100 % oder leicht darüber hinaus.

Nicht selten ergeben Analysten der Diäten von Sportlerinnen und Sportlern Mangelversorgung auch im Rahmen der RDA-Werte, weshalb es die Aufgabe von Betreuern sein muss, dies sorgfältig zu überwachen. Selbiges gilt für die Versorgung mit Flüssigkeit im üblichen Trainingsalltag und nochmal speziell in Wettkampfsituationen.

In Teil 3 steigen wir dann voll in das Thema Nahrungsergänzungen für Sporternährung ein.

 

Sportliche Grüße
Holger Gugg

www.body-coaches.de

 

 

Quellen

https://jissn.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12970-018-0242-y
https://www.germanjournalsportsmedicine.com/fileadmin/content/archiv2008/heft03/Standard%20Hipp.pdf
https://www.researchgate.net/publication/5350825_Dietary_Supplements_and_Sports_Performance_Introduction_and_Vitamins
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/30909645