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in Grundlagen der Ernährung – Die Wahrheit über Kohlenhydrate Teil 1 haben wir viel über die Funktionen, Arten, Aufnahme und die Verteilung von Kohlenhydraten erfahren. Wir wissen nun, welch wichtige Funktion die Leber in diesem Spiel übernimmt und das ganz besonders die sog. Gluconeogenese eine Gefahr für unsere Muskelmasse darstellt.
Heute geht es um die Regulation des Kohlenhydratstoffwechels und in diesem Zusammenhang natürlich auch um hausgemachte Einflüsse durch die jeweilige Ernährungssituation. Wir lernen heute jede Menge Helfer des Kohlenhydratstoffwechsels kennen und verstehen. Prominentestes Beispiel ist hier mit Sicherheit das Hormon Insulin.
Glykogen – Biosynthese und Abbau
Glykogen betitelt die Speicherform von Glucose, die in allen Körperzellen mit Ausnahme der Erythrozyten (roten Blutkörperchen) gespeichert ist. Glykogen kann nicht nur gespeichert sondern auch von allen Körperzellen synthetisiert werden. Von Relevanz als Speicher sind hierbei jedoch lediglich die Skelettmuskulatur mit einer Kapazität von 1g pro 100g und die Leber mit einer Kapazität von 10g pro 100g. Die durchschnittliche Glykogenkapazität des Menschen wird mit etwa 400g angegeben. Wobei hier natürlich stark individuelle Unterschiede bestehen, die im Besonderen mit der vorhandenen Muskelmasse zusammen hängen.
Fazit
Leber und Skelettmuskeln stellen die größten und relevantesten Glykogenspeicher des Körpers dar
Regulation des Glucosestoffwechsels
Priorität 1: Konstanz der Blutzuckerkonzentration
Beinahe alle Zellen unseres Körpers sind an eine extrazelluläre Blutzuckerkonzentration von 5mmol/l angepasst. Konzentrationen unter 3-4mmol/l führen zu Funktionsstörungen. Hiervon betroffen ist besonders das zentrale Nervensystem. Konzentrationen über 6mmol//l werden als Hyperglykämie bezeichnet und führen zur sog. Glucosurie, einer vermehrten Ausscheidung von Zucker über den Harn.
Wir beeinflussen die Blutzuckerkonzentration in dem wir Nahrung zuführen oder eben nicht (was hier im folgenden Text als Nahrungskarenz bezeichnet wird)
Nahrungszufuhr
Nahrungszufuhr erhöht den Blutzuckerspiegel und sorgt für:
- gesteigerte Verwendung von Glucose für die Glykogenbiosynthese in der Leber und der Muskulatur
- gesteigerte Triglyceridbiosynthese aus Glucose im Fettgewebe
- bevorzugte Glucoseoxidation in vielen Geweben
Vom anabolen Hormon Insulin geht hierbei ein entscheidender Einfluss aus.
Nahrungskarenz
Bei Nahrungskarenz sorgen Hormone und Katecholamine (Insulinantagonisten) wie Glucagon, Adrenalin, Noradrenalin sowie Glucocorticoide (Cortisol) für katabole Prozesse wie:
- eine verstärkte Gluconeogenese aus Aminosäuren, Laktat und Glycerin.
- eine verstärkten Glykogenolyse aus der Leber
- eine Hemmung der Glucoseoxidation in vielen extrahepatischen Geweben durch einen gesteigerten Abbau von Fettsäuren
Fazit
Nahrungszufuhr fördert anabole Prozesse während bei Nahrungskarenz eher katabole Prozesse ablaufen
Glukosetransporter – Das Glucose-Taxi
Die Plasmamembran (Außenhaut) unserer Zellen stellt für Glucose eine unüberwindbare Barriere dar, weshalb man für den Übertritt Transportproteine (sog. Glucosetransporter) benötigt. Glucosetransporter wurden inzwischen in allen Geweben unseres Körpers identifiziert und sind somit von enormer Bedeutung.
In den Nieren und in den Enterozyten (Zellen der Darmschleimhaut) erfolgt die Glucoseresorption mit Hilfe von Natriumionen. In allen anderen Zellen findet der Übertritt als sog. Uniport über eine erleichterte Diffusion statt. Glucosetransporter gewährleisten diese erleichterte Diffusion. Besondere Bedeutung kommt den Glucose-Taxis GLUT 2 und GLUT 4 zu. GLUT 2 findet man nur in den Hepatozyten (Leberzellen) und den b-Zellen der Bauchspeicheldrüse. Fettgewebe und Skelettmuskulatur verfügen über den GLUT 4-Transporter der sowohl in der Plasmamembran als auch in intrazellulären Vesikeln vorkommt. Die Glucoseaufnahme steht im Falle von GLUT-4 unter hormoneller Kontrolle. Insulin sorgt für die Verlagerung intrazellulärer GLUT 4 in die Plasmamembran und erhöht so die zelluläre Aufnahmefähigkeit für Glucose. Ohne Insulin ist die Aufnahmefähigkeit für Glucose zwar nicht unmöglich, aber stark reduziert. Ein vermehrtes Aufkommen an Insulin führt zudem zu einer vermehrten Bildung von GLUT 4.
Fazit
GLUT 4 werden abhängig von Insulin im Muskel- und Fettgewebe aktiviert und sorgen so für einen effektiven Übertritt in die Zelle. GLUT 2 übernehmen diese Funktion für die Leberzellen
GLUT-4 im extrahepatischen Gewebe
Nach der Aufnahme von Glucose in die Zelle wird diese sofort zu Glucose-6-Phosphat umgebaut. Insulin ist ein Aktivator für das hierfür verantwortliche Enzym Hexokinase. Glucose-6-Phosphat wiederum fungiert als Aktivator der Glykogenbiosynthese.
Unter Anwesenheit von Insulin (Nahrungszufuhr) wird Glucose also bevorzugt als Glykogen gespeichert und erst dann anderen Stoffwechselwegen zugeführt.
Unter Abwesenheit von Insulin, also bei Nahrungskarenz, lagert sich GLUT 4 zurück zum Vesikel und vermindert dadurch die zelluläre Glucosekonzentration. Auch die Konzentration von Glucose-6-Phosophat wird vermindert. Geringe Mengen aufgenommener Glucose werden sofort für die Glykolyse (Energiebereitstellung des jeweiligen Gewebes) verwendet.
Fazit
Innerhalb der Zelle steuert Insulin die Bildung von Glucose-6-Phosphat und somit die Verwendung von Kohlenhydraten
GLUT-2 im Lebergewebe
Der GLUT-2-Transporter transportiert, je nach extrazellulärer Verfügbarkeit, Glucose in die Hepatozyten (Leberzellen). Damit aus Glucose Glucose6-6-Phosphat werden kann, muss auch hier das Enzym Glucokinase tätig werden. Es ruht solange in inaktiver gebundener Form in der Zelle, bis die intrazelluläre Glucosekonzentration ansteigt. Auch in der Leber stimuliert Glucose-6-Phosphat die Synthese von Glykogen und auch hier zählt Insulin zu den Aktivatoren des Enzyms Glucokinase, welches für die die Bildung von Glucose-6-Phosphat sorgt.
Nahrungsaufnahme und in diesem Zuge ein erhöhtes Glucoseangebot erhöht auch das intrazelluläre Glucoseaufkommen, aktiviert Glucokinase, sogt für die Umwandlung zu Glucose-6-Phosphat und aktiviert damit die Glykogensynthese.
Nahrungskarenz führt zu einem Abfall der Glucosekonzentration, Inaktivierung der Glucokinase und stoppt somit auch die Glykogenbiosynthese. In der Leber kommt es hier, aber anders als im Muskel, zur Freisetzung von Glucose. Zu diesem Zweck wird über die Glykogenolyse (Glykogenabbau) oder die Gluconeogenese gebildetes Glucose-6-Phosphat vom Enzym Glucose6-6-Phosphatase gespalten und als Glucose aus den Leberzellen ins Blut ausgeschleust. Niedrige Insulinspiegel, wie sie bei Nahrungskarenz auftreten, erleichtern diesen Vorgang.
Fazit
Glucose-6-Phosphat fungiert als Auslöser der Glykogensynthese. Wird Energie aufgrund Nahrungskarenz benötigt, sorgen Vorgänge in der Leber für die direkte Bereitstellung von Glucose in den Blutstrom
cAMP
cAMP fungiert als Regulator des Glykogenstoffwechsels sowohl in den Leberzellen als auch in den extrahepatischen Geweben. Gebildet wird es unter dem Einfluss von Glucagon (nur in der Leber) und Adrenalin sowie Noradrenalin. Es bindet an die sog. PKA (cAMP-abhängige Proteinkinase), führt so über einige weitere Schritte zum Abbau von Glykogen (Glykogenolyse) und verhindert die Glykogensynthese. Entscheidend ist dieser Einfluss bei Nahrungskarenz und einem damit verbundenen niedrigen Insulinaufkommen, bei gleichzeitig hohen Konzentrationen an Glucagon, Adrenalin und Noradrenalin.
In der Leber führt die cAMP induzierte Glykogenolyse zur Glucosefreisetzung in die Blutbahn, um die Energieversorgung vorwiegend glucoseabhängiger Systeme zu gewährleisten.
In den extrahepatischen Geweben entsteht im Rahmen der Glykogenolyse Glucose-6-Phosphat und aktiviert das Enzym Proteinphosphatase 1. In diesem Zusammenhang kommt es zu einer Hemmung des Glykogenabbaus, der Stimulierung und der Glykogensynthese. So findet hier ein gewisser Regulationsmechanismus über das Aufkommen an Glucose-6-Phosphat statt.
Insulin aktiviert die sog. cAMP-abhängige Phosphdiesterase. Dieses Enzym senkt das Aufkommen an cAMP und inaktiviert PKA mit der Folge, dass der Aufbau von Glykogenspeichern wieder überwiegt.
Fazit
cAMP tritt in Aktion, wenn Energiearmut über Katecholamine oder eine hohe Glucagonkonzentration signalisiert wird. Unter dem Einfluss von cAMP kommt es zum Abbau von Glykogen zu Glucose, welche im Falle der Leber in den Blutstrom gelangt und im Falle extrahepatischer Gewebe entweder zur Energiebereitstellung für die jeweiligen Gewebe oder die Glykogenresynthese verwendet wird. Insulin senkt das cAMP-Aufkommen und verändert den Metabolismus wieder in Richtung Glykogenaufbau.
Allosterische Mechanismen zur Regulation des Glucosestoffwechsels
Es ist immer relativ einfach, Vorgänge isoliert zu betrachten. Im Falle des Leber-Glucosestoffwechsels laufen Abbau und Aufbau aber in derselben Zelle ab und in extrahepatischen muss der Glucoseverbrauch an das Vorhandensein anderer Substrate (Fettsäuren) angepasst werden. Dies bedingt den Einsatz sog. allosterischer Mechanismen. Über die Wirkung allosterischer Mechanismen kann eine Glucoseversorgung des ZNS und der sonstigen glucoseabhängigen Systeme gewährleistet werden.
Beispiele für allosterische Mechanismen
Allgemein
- Insulin aktiviert die Glykolyse und hemmt die Gluconeogenese
- cAMP hemmt die Glykolyse und aktiviert die Gluconeogenese
- Glucocorticoide (Cortisol) aktivieren die Gluconeogenese
- Phosphofructokinase fungiert als Energiesensor indem es das Vorhandensein von ATP und Citrat misst und so die Energieversorgung bewertet.
- Viel ATP und Citrat hemmen die Phosphofruktokinase
- Viel ADP und AMP aktivieren die Phosphofruktokinase.
Leber
- Niedrige Konzentrationen an Phosphofructokinase steigern die Gluconeogenese, während hohe Konzentrationen die Glykolyse initiieren. Fructose-2,6-Bisphosphat aktiviert Phosphofruktokinase.
Extrahepstische Gewebe
- Auch hier aktiviert Fructose-2,6-Bisphosphat die Aktivität von Phosphofruktokinase
- Adrenalin und Noradrenalin steigern hier über diesen Weg die Glykolyse und unterstützen die Energieversorgung der Muskulatur (Fight or Flight)
Fazit
Allosterische Mechanismen übernehmen allesamt eine regulatorische Funktion im Glucosestoffwechsel
Ein Wort zum Fructosestoffwechsel
Fructose zählt zur Gruppe der Monosaccharide und wird im Körper mit Hilfe von 2 Enzymen gebildet. Über den Zwischenschritt Sorbitol entsteht aus Glucose letztlich Fructose. Die Bildung von Fructose ist ein reversibler Vorgang, das heißt sie kann auch wieder rückgängig gemacht werden. Im Körper der Männer ist Fructose besonders wichtig, um die Spermien mit Energie zu versorgen.
Der größte Teil der vom menschlichen Organismus umgesetzten Fructose entstammt dem Zweifachzucker Saccharose (Glucose + Fructose). Im Intestinaltrakt findet die Spaltung statt, Fructose gelangt dann über die Pfortader in die Leber.
Im Gegensatz zum Glucoseabbau sind am Fructoseabbau Enzyme wie Fructokinase und Aldolase B beteiligt. Die Verwertung von Fructose in der Leber erfolgt insulinunabhängig. Darum können auch Diabetiker diese als Süßstoff verwenden.
Bei der hereditären Fructoseintoleranz fehlt es der Leber am Enzym Aldolase B. Das Resultat ist eine Akkumulation des Stoffwechselzwischenprodukts Fructose-1-Phosphat unter dessen Einfluss es zu gefährlichen Hypoglykämien (Unterzuckerung) kommen kann.
Fazit
Fructose nehmen wir nicht nur über die Nahrung auf, er wird auch im Körper gebildet. Für den Abbau fungiert wieder die Leber als entscheidendes Organ.
Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels
Bei den Störungen des Kohlenhyratstoffechsels kann man erworbene Störungen von angeborenen Störungen unterscheiden.
Erworbene Störungen
- Diabetes mellitus entsteht aus einem relativen oder absoluten Mangel an Insulin
- Hyperinsulinismus entsteht über Einflüsse von Tumoren oder aufgrund fehlender Insulinantagonisten (Glucagon…)
- Kohlenhydratmalabsorption bezeichnet eine gestörte intestinale Resorption von Monosacchariden
- Hypoglykämien (Blutzucker unter 4mmol/l) entstehen aufgrund von Alkoholintoxikation, einer Insulinüberproduktion oder einer Insulinüberdosierung
- Laktatazidose kann aus einer angeborenen Störung des aeroben Glucoseabbaus entstehen, aber auch durch Medikamente wie Metformin herbeigeführt werden
Angeborene Störungen
Angeborene Störungen resultieren in den meisten Fällen aus einem bestimmten Enzymdefekt. Im Vergleich zu den erworbenen Störungen treten sie aber sehr selten auf. Beispielhaft zu nennen wären die Galatosämie, die Fructoseintoleranz oder die Glycogenose (Glykogenspeicherkrankheit), bei der es sowohl beim Auf- als auch beim Abbau von Glykogenvorräten zu Beeinträchtigungen kommen kann.
Fazit
Die meisten Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels treten erst im Laufe des Lebens auf. Teilweise sind falsche Ernährung, ein schlechter Lebensstil, Bewegungsmangel oder auch Alkoholsucht für deren Auftreten verantwortlich.
Zusammenfassung
Der Kohlenhydratstoffwechsel involviert unheimlich viele kleine Helfer und Regulatoren, die allesamt zur richtigen Zeit in der richtigen Menge am richtigen Ort sein müssen damit alles funktioniert. Entscheidenden Einfluss auf dieses komplexe System nehmen wir selbst über die Zufuhr von Nahrung (Kohlenhydraten). Ganz entscheidend ist zum einen was wir zu uns nehmen, wie sehr wir damit das Blutglukoseaufkommen verändern und wie viel Insulin von der Bauchspeicheldrüse ausgeschüttet wird. Für alle anabolen Prozesse im Rahmen des Kohlenhydratstoffwechsels übernimmt Insulin eine Schlüsselrolle, während es für den Katabolismus viele kleine Signalgeber wie Katecholamine, Glucagon, cAMP oder Cortisol gibt.
Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels sind meistens erworbener Natur und treten nicht selten aufgrund einer falschen Lebensweise ein.
Sportliche Grüße
Ihr
Holger Gugg
www.body-coaches.de