Liebe Leserinnen und Leser, Liebe Peak-Kundinnen und -Kunden,
heute möchte ich mich mit einem Thema befassen, das weniger mit der Maximierung von Muskelmasse und Leistung zu tun hat. Es ist jedoch nicht minder wichtig und betrifft jedermann, egal ob Sportler oder Nichtsportler. Die Rede ist von Sarkopenie, dem Muskelverlust im Alter.
Es ist eine Tatsache, dass der Mensch mit dem Älterwerden an Muskelmasse einbüßt. Bis zum 60.Lebensjahr verlieren wir bereits 10% unserer bis dahin angeeigneten Muskelmasse, 30-40% sind es bis zum 80. Lebensjahr und weit über 30% zwischen dem 80. und 90. Lebensjahr. Ab dem 60. Lebensjahr kommt es parallel dazu zu einem Kraftverlust von 3% pro Jahr bei Männern und sogar 4% bei Frauen. Eine derartige Entwicklung ist nicht für nur Sportler eine erschreckende Tatsache, da sie zu weitaus schlimmeren Begleiterscheinungen führen kann als „nur“ dem Leistungsverlust im Sport.
Was genau die Ursachen von Sarkopenie sind, wie man sie diagnostiziert und wie wir ihrer Entstehung entgegenwirken können, möchte ich heute in meinem folgenden 2-Teiler ausarbeiten.
Ich würde mir wünschen, dass möglichst viele Leserinnen und Leser sich mit diesem BLOG befassen. Meiner Meinung nach besteht bei diesem Thema enormer Aufklärungsbedarf der älteren Generation.
Viele von Ihnen liebe Leserinnen und Leser haben noch Eltern oder Großeltern, denen Sie von diesem Thema und diesem Artikel erzählen können
Was ist Sarkopenie?
Der Begriff Sarkopenie kommt aus dem griechischen und bedeutet übersetzt „Fleischmangel“. Es handelt sich um ein altersbedingtes, progressives (stetig steigendes), geriatrisches (mit dem Alter in Verbindung zu bringendes) Syndrom, welches sich mit dem Verlust von Muskelmasse, Muskelkraft und Muskelfunktion einhergeht. Stammmuskulatur sowie periphere quergestreifte Muskeln sind gleichermaßen betroffen.
Die Muskeln der meisten älteren Menschen werden kleiner, schwächer und ermüden schneller!
Neben dem Verlust an Muskelmasse kommt es aufgrund bestimmter Umstände auch zur Erhöhung der Fett- und Bindegewebsmasse. Dies führt dazu, dass viele Einrichtungen des Körpers schlechter über Nervensignale erregbar sind.
Die Hauptgefahr bei Sarkopenie liegt in einem Verlust an Beweglichkeit und Mobilität im Alter, was weiter einem Verlust an Unabhängigkeit und Lebensqualität gleich kommt.
Alltägliche Dinge wie Gehen, Treppensteigen, das Aussteigen aus einem Wagen oder dem Bett sowie das Aufstehen von Stühlen werden zum Problem. Die Ganggeschwindigkeit verringert sich und auch mit dem Gleichgewicht gibt es Probleme. Im schlimmsten Falle endet Sarkopenie im Pflegeheim (siehe Darstellung).
Epidemie
Man nimmt an, dass bis zu 60% der über 65-jährigen an Sarkopenie leiden. Diese Zahl erhöht sich mit dem Anstieg des Lebensalters. Sarkopenie betrifft alle Arten von Bevölkerungsgruppen, von Männern und Frauen über wohlgenährte und mangelernährte Menschen bis hin zu inaktiven oder auch körperlich aktiven Menschen, wobei die Zahl bei den aktiven Menschen wesentlich geringer ausfällt.
Aber dazu später mehr….
Darstellung: Entwicklung Sarkopenie
Anbei Querschnittsaufnahmen der Oberschenkel eines 32-jährigen und eines 81-jährigen, bei welchen man deutlich die Reduzierung der Muskelmasse sehen kann.
Darstellung: Oberschenkelquerschnitt eines 32 Jährigen
Darstellung: Oberschenkelquerschnitt eines 81 Jährigen
Fazit:
Sarkopenie ist eine hauptsächlich altersbedingte Krankheit.
Können wir also gar nichts machen, um Sarkopenie aufzuhalten??
Mit dieser Frage befassen wir uns später…
Ursachen der Sarkopenie
Sarkopenie entsteht multikausal. Die genauen zugrunde liegenden Mechanismen sind nicht abschließend geklärt. Wahrscheinlich entsteht Sarkopenie aus einem Sammelsurium muskulärer, endokriner, neurologischer und diätischer Faktoren in Verbindung mit einem inaktivem Lebensstil und einer Veränderung der Körperzusammensetzung. Auch Adipositas spielt bei der Entstehung eine entscheidende Rolle.
Wie eingangs schon erwähnt, ist es eine völlig natürliche Sache, dass mit zunehmendem Alter Muskelmasse und –kraft schwindet. Schuld daran ist die Abnahme anaboler Signale auf den Körper, wie diese von Testosteron, Östrogen, Wachstumshormon, Insulin oder der Proteinzufuhr ausgehen. Auch die nervale Versorgung reduziert sich und spielt eine Rolle, genauso wie die Zunahme kataboler Faktoren wie z.B. einem Anstieg der Glukokortikoidkonzentrationen oder einer Veränderung der Körperzusammensetzung sowie der Fettverteilung im Körper.
Bestimmte Begleiterkrankungen, Inaktivität und eine schlechte Ernährungsweise verstärken die Ausprägung einer Sarkopenie noch weiter.
Bei Sarkopenie handelt es sich um die Summe altersbedingter Veränderungen unterschiedlicher Regulationssysteme sowie hausgemachter Probleme des Menschen, die alle gemeinsam auf die quergestreifte Muskulatur einwirken.
Darstellung: Muskelathrophie
Muskuläre Faktoren
Unter dem Mikroskop nimmt bei sarkopener Muskulatur die Anzahl der Myofibrillen und deren Querschnittsfläche ab. Schnelle Muskelfasern sind davon stärker betroffen als langsame. Auch die Zahl der motorischen Einheiten, also von Nerv-Muskelfaser-Einheiten, nimmt im Alter ab. Bisher sind derartige Erkenntnisse nur von quergestreifter Muskulatur bekannt. Inwieweit auch glatte Muskulatur von Sarkopenie betroffen ist, muss erst noch erforscht werden, sie ist aber als wahrscheinlich anzusehen.
Fazit:
Sarkopenie bedeutet größere Verluste an Schnellkraft
ABER
auch die Fähigkeit zur Aufnahme von Sauerstoff sinkt mit Sarkopenie und trägt so zur Leistungsminderung im aeroben Bereich bei.
Interessant:
Auch chronische Erkrankungen wie COPD, Herzinsuffizienz oder fortgeschrittene Niereninsuffizienz stehen in Zusammenhang mit dem Abbau von Muskulatur.
Einfluss auf die Proteinsynthese
Mit zunehmendem Alter kommt es zu einem Ungleichgewicht aus Proteinsynthese (Aufbau) und Proteinabbau. Abbauvorgänge überwiegen und so kommt es zu den beschriebenen Defiziten in der quergestreiften Muskulatur.
Verantwortlich für diese Entwicklung ist die Tatsache, dass im Alter die Fähigkeit zum Aufbau von Muskelprotein (Synthese) abnimmt. Schuld daran ist:
- eine reduzierte Sensibilität auf auslösende Botenstoffe.
- eine geringere Verfügbarkeit essentieller Aminosäuren im Blut.
- eine schwächere Aufnahmefähigkeit essentieller Aminosäuren in die Zellen.
Das Interessante an diesem Phänomen ist, dass man es durch diätische Maßnahmen in Verbindung mit Krafttraining weitestgehend minimieren kann. Dazu kommen wir jedoch später….
Darstellung: Proteinsynthese und Muskelabbau
Fazit:
Sarkopenie steht in Verbindung mit einer eingeschränkten Proteinsynthese und verstärkten Abbauvorgängen in der Muskulatur.
Myostatin
Neue Untersuchungen geben Hinweise darauf, dass im Alter mehr Myostatin gebildet wird. Hierbei handelt es sich um ein Protein, welches im menschlichen Körper gebildet wird, um unkontrolliertes überschießendes Muskelwachstum zu hemmen. Im Überschuss produziert beeinflusst es auch den „normale“ gewünschten Muskelaufbau.
Diätische Faktoren
Hier ist der Begriff Altersanorexie (Altersappetitlosigkeit) ein Thema. Im Alter kommt es dadurch häufig zu einer unzureichenden Versorgung mit Nährstoffen.
Da auch die Fähigkeit zu schmecken und zu riechen im Alter nachlässt, verzehren ältere Menschen sehr gerne Lebensmittel mit einem sehr intensiven Geschmack wie z.B. sehr süß oder sehr salzig. Dies hat zwangsläufig auch eine falsche Ernährungsweise zur Folge.
Im Alter steigt zudem die Zahl mitochondrialer Mutationen, was auf eine Störung der Energieversorgung hinweist. In die gleiche Kerbe schlägt auch das Thema Insulinresistenz und Alter. Insulinresistente Zellen (z.B. Muskelzellen) können quasi „verhungern“, obwohl sich im Blut genug Nährstoffe für deren Ernährung befinden.
Fazit:
Das „richtige“ Essen und verwerten von Nahrung wird mit dem Alter immer schwieriger.
Interessant:
Mangelernährungszustände werden über Messungen der Muskelumfänge am Arm und der Wade abgeschätzt.
Endokrone Faktoren
Wie oben bereits genannt, verändert sich auch die Aktivität unseres Hormonsystems, wenn wir altern. Die Konzentration anaboler Hormone wie Testosteron, Östrogen, Wachstumshormon oder IGF-1 nimmt eher ab, während entzündungsfördernde Zytkine wie IL-6 oder TNF-a eher zunehmen. Auch die Cortisolkonzentration steigt im Alter eher an und hemmt über verschiedene Mechanismen unter anderem die Proteinsynthese. Höhere Cortisolkonzentrationen ergeben sich altersbedingt, können jedoch auch durch exogene Zufuhr von Cortison für die Therapie eines anderen Beschwerdebildes auftreten.
Fazit:
Mit dem Altern verschiebt sich unser Hormonmilieu von „anabol“ und zu „katabol“.
Abschließend noch eine aussagekräftige Darstellung zur Entstehung von Sarkopenie
Darstellung: Kausalzusammenhänge Sarkopenie
Folgen der Sarkopenie
Sturz- und Frakturrisiko
Ein Verlust an Muskelmasse und damit verbunden auch Einbußen beim Kraftniveau erhöht die Belastung auf das passive Bewegungssystem und damit auch das Frakturrisiko. Stürze werden aufgrund funktioneller Beeinträchtigungen wahrscheinlicher. Hauptsächlicher Grund sind hier Muskelmasseverluste der unteren Extremitäten.
Ganz besonders schwierig gestaltet sich dieses Problem bei adipösen Menschen. Bei ihnen drückt wesentlich mehr Gesamtkörpermasse auf den passiven Bewegungsapparat als bei normalgewichtigen Personen.