Liebe BLOG-Leserinnen und -Leser,
liebe PEAK-Kundinnen und -Kunden,
vor einiger Zeit habe ich mich mit einer kritischen Überarbeitung des Buches „Die metabole Diät“ befasst.
Die Resonanz darauf war enorm und ich bedanke mich bei allen Lesern, für das gute Feedback.
Da offensichtlich großes Interesse an Diät bzw. aktuellen Diätformen und Essgewohnheiten besteht, möchte ich mich heute mit einem weiteren Buch befassen, welches eben eine solche thematisiert:
Die anabole Diät
Der Begriff „anabole Diät“ wird oft mit der „ketogenen Diät“ oder der „Atkins-Diät“ in Verbindung gebracht. Dr. Atkins hat mit der Vorstellung seines Diätkonzepts, welches nahezu komplett auf Kohlenhydrate verzichtet, für enormen Aufruhr, sowohl in Ernährungswissenschaftlerkreisen als auch in der Öffentlichkeit, gesorgt.
Die Tatsache, dass die anabole Diät trotz der vielen Kritiker noch immer ein Thema in Fachliteratur ist, lässt den Schluss zu, dass es sich durchaus um eine interessante, sinnige Ernährungsform zu handeln scheint.
Ob dem tatsächlich so ist, werde ich heute versuchen, anhand des 1997 erschienen Werks „Die anabole Diät“, herauszufinden. Besonders interessant wird für mich sein, ob der ketogene Ansatz tatsächlich mit Bodybuilding zu vereinbaren ist.
Ich wünsche viel Spaß bei meinen Ausführungen.
Anmerkung
Ich werde im Laufe meiner Ausführungen zusammengefasst und erläutert das wiedergeben, was im Buch niedergeschrieben wurde. An Stellen, wo ich zusätzlichen Klärungsbedarf sehe oder wo ich etwas anderer Meinung bin, werde ich Ergänzungen vornehmen.
Die fettreduzierte Diät – Eine Verzichtsdiät
Das Buch beginnt mit kritischen Worten zur fettreduzierten Diät, dem krassen Gegenteil zum ketogenen Ansatz. Die Rede ist von eintöniger Ernährung, von Verzicht auf eine Vielzahl an Lebensmitteln, von Antriebsschwäche, Müdigkeit und Kraftverlust. Vorzeitige Abbrüche resultieren in einem Jojo-Effekt. Mit einer fettarmen Diät wird neben Muskulatur immer auch Körperfett aufgebaut. Auch epidemische Daten aus dem Kampf gegen überflüssiges Körperfett belegen eine Zunahme an Adipositas und Diabetes in der zivilisierten Bevölkerung mit kohlenhydratlastiger Ernährung. Aus der Überzeugung des fettarmen Ansatzes heraus, wurde der durchschnittliche Amerikaner aber auch der Deutsche nur schwerer und fetter.
Trotz fettarmer Ernährung nimmt die Zahl ernährungsbedingter Zivilisationskrankheiten zu!
Kohlenhydrate
Problem bei fettarmen Diäten liegt in der hohen Zufuhr an Kohlenhydraten. Besonders hartnäckige Fettdepots sind (wahrscheinlich insulinbedingt) über eine kohlenhydratbetonte Kost schier nicht erreichbar, doch dazu später noch mehr.
Kohlenhydrate dienen dem Körper ausschließlich als Energiesubstrat. Werden sie aktuell nicht als solches benötigt, stehen dafür Speicher in der Leber (60-90g) und in den Muskeln (300-400g) zur Verfügung. Sind auch diese Speicher gefüllt, ist es dem Körper möglich, Kohlenhydrate in der Leber umzuwandeln und sie als Triglyceride letztendlich in den Fettdepots abzulegen.
Kohlehydrate und anabole Diät
Das Konzept der anabolen Diät macht zwischen langkettigen und kurzkettigen Kohlenhydraten keinen Unterschied, da sie beide die Produktion von Insulin nötig machen und somit das Glucagonaufkommen mindern.
Anmerkung
Grundsätzlich ist die Unterscheidung von Kohlenhydratarten durchaus von Bedeutung, da ein plötzlich starker Blutzuckerspiegelanstieg auch eine starke Insulinproduktion zur Folge hat, die gesamt mehr Insulin auf den Plan ruft, wie wenn die Kohlehydrate nur langsam ins Blut übergehen. Im empfindlichen Zustand der Ketose jedoch wird aber einer bestimmten Gesamtmenge zugeführter Kohlenhydrate die Insulinschüttung schon ausreichen, um die Glucagon- und Ketonkörperproduktion zu unterbinden.
Insulin
Der größte Feind der Fettreduktion ist das Hormon Insulin, auch bekannt als anaboles Hormon oder Speicherhormon. Insulin wird immer dann von der Bauchspeicheldrüse produziert und ins Blut abgegeben, wenn der Blutzucker einen bestimmten Level erreicht hat. Insulin ist hilfreich beim Muskelaufbau, da es dazu fähig ist, Nährstoffe in die Muskelzellen einzuschleusen, hinsichtlich des Fettabbaus wirkt Insulin jedoch als hemmender Faktor.
Insulin wird durch hohe Kohlenhydrataufnahme produziert. Es fördert den Muskelaufbau, aber auch den Fettaufbau und hemmt den Fettabbau!
Insulin – Glucagon
Der Auffassung des Autors zur Folge, besteht der größte Nachteil eines hohen Insulinaufkommens in der Hemmung der Produktion von Glucagon, dem Antagonist von Insulin. Beide Hormone können unter normalen physiologischen Bedingungen nicht gleichzeitig vermehrt im Blut vorhanden sein und ihre spezifische Wirkung entfalten.
Glucagon ist auch bekannt als das „Freisetzungshormon“ und ist, wie der Name schon sagt, ein treuer Begleiter im Kampf gegen überflüssige Pfunde.
Grund
In der Fettzelle sind 2 Enzyme für den Fetttransport zuständig. Lipoproteinlipase (LPL) schleust Fettsäuren in die Adipozyten, das Enzym hormongesteuerte Lipase (HSL) setzt Fettsäuren aus den Adipozyten frei. Insulin ist ein Stimulant der LPL, Glucagon ein Stimulant der HSL.
Insulin arbeitet PRO Fettaufbau, Glucagon arbeitet PRO Fettabbau!
Freisetzungshormon könnte auch eine muskelkatabole Eigenschaft beinhalten. Diese ist jedoch, wie wir noch sehen werden, im Zustand der Ketose wenig von Bedeutung.
Darstellung: Insulin und Glucagon
Insulin hemmt die Fettverbrennung – die Zweite
Viele Einrichtungen und Organe unseres Körpers versorgen sich über Fettsäuren mit Energie. Hierzu werden im Blut vorhandene Triglyceride durch Enzyme auf der Zellmembran aufgespalten und gelangen im Normalfall über einen Carnitin-Carrier (Transporter) in das Mitochondrium (das Kraftwerk der Zelle), um dort oxidiert werden zu können.
Insulin hat die Eigenschaft, den Carnitin-Carrier zu hemmen und somit die Energiegewinnung im Rahmen der Beta-Oxidation zu stören.
Insulin hemmt die Verwendung von Fetten zur Energiegewinnung!
Glucagon und leere Glykogenspeicher
Werden die Glykogenspeicher des Körpers (in der Leber) entleert und keine weiteren Kohlenhydrate mehr aufgenommen, so sorgt Glucagon für eine Maximierung der Lipolyse (Fettfreisetzung). Die glucoseabhängigen Systeme unseres Körpers werden dabei, soweit möglich, auf eine Versorgung über Ketonkörper mit Energie versorgt.
Ketonkörper
Bei Ketonkörpern handelt es sich im Endeffekt um Fettsäuren, die eine Art Deckmantel bekommen. Mit Diesem werden sie für die meisten glucoseabhängigen Systeme brauchbar gemacht.
Ketonkörper sind eigentlich Fettsäuren!
Die Energiegewinnung aus Ketonkörpern verläuft ineffizienter als die aus Fettsäuren selbst, darum liegt die Energieausbeute auf 1kg Fett, umgewandelt zu Ketonkörpern bei nur etwa 7000kcal.
Anmerkung
Diese Aussage entspricht nicht ganz der Wahrheit, da auch 1kg Körperfett lediglich eine Energieausbeute von etwa 7000kcal verspricht. 9300kcal liefert nur das Kilogramm Nahrungsfett.
Der große Unterschied
Einmal in Ketonkörper umgewandelt ist es der Fettsäure nicht mehr möglich, als Triglycerid in die Fettdepots eingeschleust zu werden. Dies hat den Nachteil einer potentiell erhöhten Gefahr einer Übersäuerung des Blutes an Ketonkörpern. Als Vorteil ist jedoch anzuerkennen, dass der Austritt aus der Fettzelle bei der Ketogenese eine Einbahnstrasse darstellt. Dazu erfahren wir jedoch später noch mehr.
Energiegewinnung durch Ketose
Kohlenhydrate sind für die optimale Funktionalität des Körpers unnötig. Ernähren wir uns nur wenige Tage mit einer Makronährstoffzusammensetzung von 70%Fett 20-25% Protein und 5-10% Kohlenhydraten, begibt sich unser Stoffwechsel in den Zustand der benigen (gutartigen) Ketose.
Ungesunde Fettdiäten
Studien zur gesundheitlichen Auswirkung fettreicher Diäten wurden größtenteils mit zugleich moderatem bis hohem Kohlenhydratkonsum durchgeführt. Diese Art der Ernährung wird sich zwangsläufig gesundheitsschädlich auswirken, hat jedoch mit dem ketogenen Ansatz nichts zu tun.
Moderate Mengen an Kohlenhydrate und Fett wirken sich gesundheitlich nachteilig aus, haben jedoch mit ketogenen Diäten nichts zu tun!
Die Umstellung auf Ketose
Ketonkörper entstehen im Rahmen der Lipolyse aus Fettsäuren, und zwar dann, wenn die Energiebereitstellung glucoseabhängiger Systeme mangels der Versorgung mit Kohlenhydraten nicht mehr aufrechterhalten werden kann.
Die Ketose ist eine evolutionäre Einrichtung. Befindet man sich voll in diesem Zustand, findet keine nennenswerte Gluconeogenese aus Aminosäuren, sprich Muskelproteinabbau, mehr statt (nach Aussage des Buches 3-4g pro Tag).
Anmerkung
Ein täglicher Proteinverlust von 3-4g Protein im Zustand der Ketose ist eine Zahl, mit der man ohne Vergleichswert nicht viel anfangen kann. Entscheidend ist es, ob dieser Verlust durch die hohe Zufuhr an Protein auch wieder ausgeglichen werden kann.
Ketogene Diät und Hunger-Ketose
Die ketogene Diät unterscheidet sich von der Hunger-Ketose in der Zufuhr von Nährstoffen. Während man sich bei der Hunger-Ketose in einem gesamtheitlich starken Nährstoffdefizit befindet, ist die Versorgung bei der ketogenen Diät weiterhin gewährt.
Anfangsstadium
In beiden Fällen kommt es im Anfangsstadium zu einer Entleerung der Glykogenspeicher in der Leber, einem Abfall des Insulinspiegels und damit zu einer Verstärkung der Lipolyse.
Im Rahmen der Lipolyse entstehen Stoffwechselprodukte wie NADH, Acetyl-Co-EnzymA und Citrit. Sie hemmen den Glucosestoffwechsel weiter.
Die Muskulatur aktiviert ihrerseits derweil den sog. Cori-Zyklus, welcher die ATP-Produktion aus Milchsäure ermöglicht. Milchsäure wird gleichzeitig in der Leber zu Glucose umgewandelt, und auch die Aminosäure Alanin wird zur Gluconeogenese herangezogen.
Bei der ketogenen Diät steht diese Aminosäure im Blut zur Verfügung und muss nicht der Muskulatur entzogen werden. Im Zustand der Hunger-Ketose bedient sich der Körper zwangsläufig der Aminosäuren aus der Muskulatur.
Eintritt in die volle Ketose
Im weiteren Verlauf der Umstellung wird Glucose dann aus Glycerin gewonnen, welches genügend im Rahmen der Lipolyse anfällt (Fettsäure + Glycerin = Tryglycerid).
Fazit
Der Muskelverlust in der Umstellungsphase zur Ketose fällt aufgrund der konstanten Versorgung mit Protein nur begrenzt aus. Sobald die Gluconeogenese aus Glycerin einsetzt, reduziert sich der Proteinabbau weiter und mit ihm auch der Ausstoß katabolen Cortisols.
Tatsächlicher Glucosebedarf
Gehirn und Muskulatur können bestens über das Ersatzenergiesubstrat Ketonkörper versorgt werden. Die Nieren, die Retina des Auges, die roten Blutkörperchen und einige vereinzelte Hirnareale sind jedoch ausschließlich an Glucose gebunden.
Da die Natur für alles eine Lösung hat, ist auch ohne exogener Glucosezufuhr immer ausreichend Glucose vorhanden, um diese Systeme zu versorgen.
Cori-Zyklus
Der bereits genannte Cori-Zyklus ermöglicht es, bis zu 70g Glucose/Tag über Milchsäure zu produzieren. Die Glycerinumwandlung steuert weitere 40-50g dazu bei. Eine kleine Menge wird aus Aminosäuren hergestellt. 20-30g können zudem auch bei der ketogenen Diät täglich mit der Nahrung aufgenommen werden.
Auch ohne die Zufuhr an Glucose sind wir in der Lage, 130-150g Glucose pro Tag für glucoseabhängige Systeme bereit zu stellen.
Je mehr Glucagon die Überhand gewinnt, desto mehr Energie wird aus Ketonkörpern gewonnen. Der Körper produziert immer größere Mengen Lipaseenzyme, was die Lipolyseeffizienz weiter steigert und den Glucosebedarf senkt. Weniger Bedarf an Glucose bedeutet automatisch weniger Gluconeogenese.
Die Muskulatur kann sich im ketogenen Zustand bis zu 50% aus Ketonkörpern versorgen.
Die ketogene Diät kann effektiv Körperfett verbrennen, ohne nennenswerte Mengen an Muskelmasse dafür opfern zu müssen!
Übersäuerungsgefahr durch Ketonkörper
Steuerungsmechanismen des Körpers
Ketonkörper haben einen sauren Charakter. Die Gefahr einer Ketoazidose (Übersäuerung/Vergiftung durch Ketonkörper) besteht beim gesunden Menschen jedoch nicht. Ketonkörper werden nur nach Bedarf gebildet. Sobald die Ketonkörperkonzentration im Blut zu hoch wird, reagiert die Bauchspeicheldrüse mit der Ausschüttung von Insulin und reduziert so die Menge im Blut zirkulierender freier Fettsäuren. Es bleiben noch genug Fettsäuren für eine Ketonkörperbildung übrig, die Übersäuerung wird jedoch verhindert.
Dieser Regelungsmechanismus ist beim Typ 1 Diabetiker ausgeschaltet, daher besteht hier die Gefahr einer Ketoazidose.
Auch die Ausscheidung der wasserlöslichen Ketonkörper über die Nieren und den Urin ist möglich, genauso wie der Gasaustausch über die Lungen als entsäuernde Einrichtung (CO) zur Verfügung steht.
Mit einer täglichen Aufnahme von 3-4l Flüssigkeit wird die renale Ausscheidung säurelastiger Verbindungen erleichtert.
Supplements zur Unterstützung des körpereigenen Säurepuffers
Auch über die Supplementierung von Glutamin kann man eine Übersäuerung im Zaum halten, da Glutamin in der Leber zu Ammoniak umgewandelt wird. Dieses hat die Eigenschaft, saure Wassserstoff-Ionen zu binden und den ph-Wert so zu senken.
Weitere interessante Aspekte zum Thema Säure-Basenhaushalt habe ich bereits veröffentlicht:
Säure-Basen-Haushalt – Was geschieht, wenn unser Körper „sauer“ ist? Teil 1
Säure-Basen-Haushalt – Was geschieht, wenn unser Körper „sauer“ ist? Teil 2
Abbruch der Ketose durch Insulin
Ein durch die Aufnahme von Kohlenhydraten herbeigeführter Inslinausstoß sorgt für eine sofortige Unterbrechung der Glucagonproduktion. Das Insulin schleust als anaboles Hormon Glucose und andere Nährstoffe in die Zellen, wo sie direkt als Energie oder als Energiereserve dienen können. Überschüssige Energie landet zwangsläufig in den Fettzellen.
Keine Kohlehydrate -> kein Insulin -> Glucagon -> Lipolyse -> Ketonkörperbildung -> Ketose -> Minimierte Gluconeogenese aus Muskelprotein -> Starke Lipolyse!
Anmerkung
Die ketogene Diät ist eine Ernährungsform, die Fehler oder Ausrutscher in Sachen Kohlenhydrataufnahme nicht verzeiht. Wird man sich der Aussagen über den Zustand der Ketose bewusst, so ist der wahre Vorteil, nämlich maximale Lipolyse bei minimaler Gluconeogenese aus körpereigenen Aminosäuren nur im Zustand des absoluten Insulinmangels möglich. Hierzu Bedarf es viel Disziplin und guter Kenntnisse über den Makronährstoffgehalt von Lebensmitteln!
Krankheiten und ketogene Ernährung
Diabetes
Entstehung von Diabetes
Diabetes resultiert unter anderem aus einer dauerhaften Erhöhung des Insulinspiegels, welche eine Desensibilisierung der Insulinrezeptoren zur Folge hat. Die Bauchspeicheldrüse muss daraufhin mehr Insulin produzieren, um die gleiche Menge Glucose vom Blut in die Zelle zu bekommen. Es herrscht der Zustand der Hyperinsulinämie oder des Prä-Diabetes.
Neben dem krankhaft hohen Insulinaufkommen findet auch eine krankhaft hohe Fetteinspeicherung statt. Ein ausgebildeter Diabetes Typ II ist dann gegeben, wenn die Bauchspeicheldrüse die nötige Insulinüberproduktion nicht mehr in der Lage ist zu gewährleisten, da sie erschöpft ist und aufgibt. Von diesem Zeitpunkt ab, wird nur noch sehr wenig oder gar kein Insulin mehr produziert. Der Betroffene wird mehr oder minder insulinpflichtig.