Bodybuilding & Muskelaufbau

Wie viel Protein benötigen Sportler?

Liebe BLOG-Leserinnen und Leser, Liebe PEAK-Kundinnen und –Kunden,
eigentlich ist es schon ein sehr interessantes Phänomen. Während in der Fitness- und Bodybuilding-Szene Protein als wichtigster Makronährstoff klar dominiert, setzen Ausdauersportler nach wie vor eher auf eine ausreichende Versorgung mit Kohlenhydraten. Protein ist hier auch von Bedeutung, allerdings eher sekundär. Von anderen Sportarten hört, liest und sieht man ehrlich gesagt wenig Spezifisches, wenn es darum geht, wie viel Protein, Kohlenhydrate oder Fettsäuren das Optimum für die maximale Leistungserbringung notwendig ist. Meiner Meinung nach übernimmt die Fitness- und vor allem die Bodybuilding-Szene in Sachen Sporternährung nach wie vor eine absolute Vorreiter-Rolle, wenngleich der Weitblick der Szene durch zig Nahrungsergänzungsmittel-Hersteller und deren mehr als umfassendes Angebot gerade bei Proteinen etwas verschoben wird. Schnell, langsam, tierisch, pflanzlich, hoher und niedriger Insulin-Index, mit oder ohne Milchprotein, es gibt nichts, das es nicht gibt, weshalb sich eigentlich schon gar nicht die Frage stellt, ob man überhaupt Proteinkonzentrate braucht, sondern nur die, welches das Beste ist. Bei den Recherchen zu meinem Ernährungssystem HBN (Human Based Nutrition) habe ich mich natürlich auch mit dieser Frage auseinandersetzen müssen und bin letztlich bei vergleichsweise hohen Empfehlungen von 2,0g pro Kilogramm Körpergewicht des Zielgewichts für die Zielsetzung Leistungssteigerung und Muskelaufbau und 2,5g pro Kilogramm Körpergewicht des Zielgewichts für die Zielsetzung Körperfettreduzierung gelandet. Mit dem heutigen Artikel werde ich dennoch für alle Leserinnen und Leser nochmals bei 0 anfangen und mich mit dieser Thematik auseinandersetzen. Viel Spaß

Proteine im Breitensport – Stellungnahme der DGE

Beginnen wir mit der Stellungnahme der DGE zu unserem Thema. Die deutsche Gesellschaft für Ernährung ist bekannt für extrem konservative Ansätze und empfiehlt bei einer normalen Mischkost für alle Erwachsenen eine tägliche Proteinzufuhr von 0,8g Protein pro Kilogramm Körpergewicht. In diesen 0,8g sind bereits Sicherheitszuschläge für eine unterschiedliche biologische Wertigkeit der Proteinträger und Unterschiede in der Bioverfügbarkeit berücksichtigt und auch Menschen mit großer Muskelmasse kommen mit dieser Menge problemlos zurecht. Da der Durchschnittsdeutsche etwa 1,2g Protein pro Kilogramm Körpergewicht zu sich nimmt, besteht also keinerlei Veranlassung, Protein auch noch zusätzlich über Nahrungsergänzungen aufzunehmen. Interessant ist die Berechnung des zusätzlich benötigten Proteins für mehr Muskelmasse. Der DGE zur Folge müssen für 2kg Muskelmasse 400g mehr in die Skelettmuskulatur eingebaut werden. Möchte man diese 2kg Muskelmasse in einem Jahr aufbauen, würde dies eine zusätzliche notwendige Proteinaufnahme von 1,1g, mit Sicherheitszuschlag von 2,2g pro Tag bedeuten.

Zusätzlicher Proteinaufwand entsteht zudem, wenn Protein als Energiesubstrat zur Energiegewinnung herangezogen wird. Für einen Marathonlauf wird beispielsweise ein Verbrauch von 20g Aminosäuren veranschlagt.

Fazit

0,8g Protein pro Kilogramm Körpergewicht +/- ein paar Gramm für Eventualitäten wie Gluconeogenese und Co. So lautet das Resultat der DGE zum Thema Proteinbedarf auch für Sportler – Versorgung keinesfalls gefährdet!

UGB – 1,1g für Kraftsportler im Aufbau / 1,6g für Ausdauersportler.


Ebenfalls interessant ist ein Artikel des UGB (Verein für unabhängige Gesundheitsberatung). Den Autoren zur Folge setzen wir jeden Tag im Rahmen des Protein-Turnover wesentlich mehr Protein um, als wir pro Tag zu uns nehmen. Protein-Turnover Intensive körperliche Aktivität steigert nun zwar den Protein-Turnover, also Auf- und Abbauvorgänge von Protein nochmals, verbraucht aber unterm Strich bis auf das sog. 3-Methylhistidin kein Protein, da es „biorecycelt“ wird. Der Beweis hierfür wurde von kanadischen Wissenschaftlern bereits 1988 erbracht, indem sie aktiven Bodybuildern und inaktiven Personen die gleiche Menge Protein verabreichten und zugleich die Stickstoffbilanz gemessen wurde. Im Ergebnis zeigte sich trotz Sport und derselben Menge an Protein kein signifikant niedrigeres Stickstoffaufkommen bei den aktiven Probanden im Vergleich zur Kontrollgruppe. Von Kraftsport kann man eine Erhöhung des Aminosäureumsatzes von etwa 30% über einen Zeitraum von 4-8 Stunden erwarten. Nach dieser Zeit fällt er wieder ab und erreicht spätestens 22 Stunden nach dem Training wieder das Niveau eines Untrainierten. Der Wert entspricht einer Steigerung des Umsatzes von 17%. Ausgehend von unserer 0,8g-Empfehlung der DGE, mit denen auch die UGB rechnet, läge der Proteinumsatz damit bei maximal 0,94g pro Kilogramm Körpergewicht, aber auch nur, wenn (und das wurde oben ja bereits widerlegt) wirklich auch der reale Bedarf dadurch steigen würde. Eine etwas andere Marschroute schlägt die UGB bei Ausdauersportlern ein und bezieht sich hier auf die Arbeiten von Prof. Tarnopolsky aus Kanada, der bei Sportlerinnen und Sportlern aus diesem Bereich einen tatsächlich höheren Proteinbedarf feststellte. Mit 1,37g pro Kilogramm Körpergewicht lag das Stickstoffbilanzminimum deutlich unter dem von Nichtsportlern und sogar Kraftsportlern. Die Forscher vermuten einen höheren energetischen Aufwand aus Aminosäuren und geben auch hier wieder 20g Aminosäuren im Rahmen eines Marathonlaufs an. Für Kraftsportler wurde in dieser Arbeit (Influence of protein intake and training status on nitrogen balance and lean body mass) ein nur leicht erhöhter Bedarf um den Faktor 1,12 festgestellt! Abschließend ergibt sich UGB-konform ein theoretischer Proteinbedarf von:
  • 1,1g pro Kg/Körpergewicht für Kraftsportler in der Aufbauphase
  • 0,95g pro Kg/Körpergewicht für Kraftsportler in der Erhaltungsphase
  • 1,6g pro kg/Körpergewicht für Ausdauersportler

Fazit

Ein Proteinbedarf von 0,8g pro Kilogramm Körpergewicht wird auch vom UGB als gesicherte Erkenntnis angesehen. Trotz Widerlegungen eines Mehrverbrauchs werden letztlich trotzdem höhere theoretische Empfehlungen ausgesprochen, die sich im Rahmen von 0,95-1,6g pro Kilogramm Körpergewicht bewegen.

Proteinbedarf Sportler

"Resistance training reduces whole-body protein turnover and improves net protein retention in untrained young males" Für Untrainierte findet sich eine interessante Studie der Mc Master University. Die Forscher führten mit den Probanden ein Hypertrophie-spezifisches Krafttraining aus und erhoben in diesem Zusammenhang Veränderungen beim Proteinabbau, der Proteinsynthese und der NPB, der Nettoproteinbilanz, der trainierten Muskeln. Sie stellten erstaunlicherweise fest, dass sich durch das Training - unabhängig von der Ernährungssituation - trotz einer Verringerung der Proteinsynthese und des Proteinabbaus eine erhöhte Nettoproteinbilanz in Kombination mit einer erhöhten Stickstoffbilanz im Muskel ergab.

Fazit

Die Forscher schlussfolgern, dass für Anfänger kein erhöhter Bedarf an Protein in Verbindung mit Krafttraining besteht.

  International Consensus Conference – Update April 2012 Die Professoren Maughan und Burke befassen sich im Auftrag des IOC regelmäßig mit der richtigen Ernährung für Sportler, so auch im April 2012. Sie stellen fest, dass es durch Sport möglich ist, den Proteinturnover um bis zu 24 Stunden zu erhöhen, sprechen sich für Proteingaben in der Größenordnung von 20-30g pro Portion aus und legen den „daily intake“ für Kraft- und Ausdauersportler im Bereich von 1,2-1,6g pro Kilogramm Körpergewicht fest.

Fazit

Das IOC sieht den Proteinbedarf für Sportler im Vergleich zu unsportlichen Personen erhöht und legt die notwendige Menge bei 1,2-1,6g pro Kilogramm Körpergewicht fest.

 

 

Stellungnahme der International Society of Sports Nutrition zum Thema Proteinbedarf


In Ihrem Review 2007 zum Thema „protein and exercice“ bezieht auch die International Society of Sports Nutrition Stellung zum Proteinbedarf von Sportlern und setzt hier eine Menge von 1,4-2,0g pro Kilogramm Körpergewicht als nicht nur sicher, sondern auch vorteilhaft hinsichtlich sportbezogener Adaptionen an.

Fazit

Bis zu 2,0g Protein pro Kilogramm Körpergewicht gelten als sicher und vorteilhaft für Sportler.

 

Stellungnahme der American Dietetic Association, Dietitians of Canada and the American College of Sports Medicine zum Thema “Nutrition and athletic performance”

Eine weitere Stellungnahme stammt von oben genannten Institutionen und beruft sich bei deren Empfehlungen mitunter auf einen Review aus dem Journal of the International Society of Sports Nutrition aus 2006, in welchem es heißt, dass für eine ausgeglichene Stickstoffbilanz bei Sportlern Aufnahmemengen von 1,6-1,7g Protein pro Kilogramm Körpergewicht benötigt werden.   Oben genannter Review befasste sich mit einigen weiteren Studien zum Thema Proteinbedarf, bei welchen folgende Ergebnisse festgestellt werden konnten:   Proteinbedarf Muskelaufbau

Fazit

Etliche Studien mit unterschiedlichsten Ergebnissen rechtfertigen in jedem Fall eine Proteinaufnahme von 1,6-1,7g Protein pro Kilogramm Körpergewicht.

 

Effect of a high protein meat diet on muscle and cognitive functions: a randomised controlled dietary intervention trial in healthy men

Interessant auch eine Studie der European Society for Clinical Nutrition and Metabolism aus 2011, die sich mit dem Einfluss eines High-Protein-Intakes von 3g pro Kilogramm Körpergewicht im Vergleich zur Aufnahme von 1,5g pro Kilogramm Körpergewicht in Sachen kognitive Funktion, Lebensqualität und Proteinmetabolismus befasste. Während keinerlei negative Einflüsse mit einer Aufnahme von 3g Protein pro Kilogramm Körpergewicht beobachtet wurden, konnte sich die High-Protein-Gruppe in Sachen Reaktionszeit signifikant steigern! Die Forscher führen diese Auswirkung auf erhöhte Plasmamengen an BCAA und Phenylalanin zurück.

Fazit

Keine Nachteile, dafür eine verbesserte Reaktionszeit mit 3g Protein pro Kilogramm Körpergewicht.

 

Increased protein intake reduces lean body mass loss during weight loss in athletes

Eine Thematik, die bis dato noch gar nicht zur Sprache kam, ist die Auswirkung einer erhöhten Proteinaufnahme im Rahmen einer hypokalorischen Ernährung auf die Körperzusammensetzung. Oben genannte Studie untersuchte zu diesem Zweck 20 junge, gesunde, trainierte Athleten, die im Rahmen einer hypokalorischen Ernährung (60% des ermittelten Kalorienbedarfs) einmal mit 1g Protein pro Kilogramm Körpergewicht oder mit 2,3g Protein pro Kilogramm Körpergewicht versorgt wurden. Im Ergebnis nahm die Low-Protein-Gruppe signifikant mehr fettfreie Körpermasse ab, als die High-Protein-Gruppe, während sich getestete Blutparameter, wie IGF-1, Testosteron, Wachstumshormon, Cortisol, Glukose und Triglyceride, nicht signifikant veränderten. Einzig konnte, wie zu erwarten, eine erhöhte Ausscheidung von Harnstoff in der High-Protein-Gruppe nachgewiesen werden.

Fazit

Deutliche Vorteile für High-Protein-Diäten mit 2,3g Protein pro Kilogramm Körpergewicht zum Erhalt von Muskelmasse im Rahmen einer Reduktionsdiät bei Athleten.

 

High protein intake sustains weight maintenance after body weight loss in humans

Abschließend gehen wir noch einen Schritt weiter und befassen uns mit einer Studie, dessen Aufgabenstellung es war, herauszufinden, inwieweit mehr Protein nach erfolgter Reduktionsdiät hilft, dass erreichte Körpergewicht zu halten. Zu diesem Zweck wurden 148 männliche und weibliche Probanden nach einer erfolgten stark hypokalorischen Diät und entsprechenden Erfolgen in Sachen Gewichtsreduzierung für weitere drei Monate beobachtet. Wenngleich hier keine „Gramm pro Kilogramm Körpergewicht“ Angaben gemacht wurden, führte eine um 20% erhöhte Proteinzufuhr zu einer um 50% reduzierten Gewichtszunahme oder anders ausgedrückt, zu einer 50% besseren Erfolgsquote in Sachen Gewichtserhalt.

Fazit

Mehr Protein nach einer Reduktionsdiät erhöht die Chance auf Erhalt des Diäterfolgs.

Resümee


Wie zu erwarten war, sind sich namhafte Institutionen aus der ganzen Welt uneinig hinsichtlich der richtigen Proteinmenge für Sportler. Während der DGE von stark konservativen Proteinmengen und einem nicht signifikanten Mehrbedarf für Sportler ausgeht, sehen es eher sportlich organisierte Forschungseinrichtungen etwas anders und geben durchweg einen erhöhten Proteinbedarf für Sportler vor. Diskutabel und definitiv ein Thema für einen neuen Artikel ist der genannte Ansatz eines ausbleibenden Mehrbedarfs für Trainingsneulinge. Als aktiv Trainierender oder wie in meinem Falle Autor und Begründer eines eigenen Ernährungssystems steht man nun vor der Aufgabe, sich zwischen festgestellten Bedarfsmengen im Bereich von 1,2-3,0g pro Kilogramm Körpergewicht zu entscheiden. Als wichtige Einflussgröße hierfür muss neben Vorteilen für Leistung und Körperzusammensetzung natürlich auch die Unbedenklichkeit in die Entscheidungsfindung einfließen. Hierzu existiert neben den genannten Studien zudem eine Arbeit aus dem Journal of the International Society of Sports Nutrition aus 2006, in welcher eine Menge von 2,5g Protein pro Kilogramm Körpergewicht als ungefährlich in Sachen Toxizität und Nierengesundheit angegeben wurde. Ein Punkt, der ebenfalls nur sekundär behandelte wurde, ist ein hoher Sättigungseffekt, wie er von Protein ausgeht. Hohe Sättigung ist besonders zu Zeiten einer Reduktionsdiät ein wichtiges Werkzeug, welches über Sieg oder Niederlage entscheiden kann. Besonders im Rahmen einer Reduktionsdiät kann man sich zusätzlich des hohen thermischen Effekts von Protein bedienen und so die Netto-Energieausbeute reduzieren. Unterm Strich bewegen sich die empfohlenen Aufnahmemengen an Protein aus meinem Ernährungssystem HBN (Human Based Nutrition) im oberen Bereich dessen, was die Sportwissenschaft in dieser Richtung empfiehlt, während für den reinen Bereich des Bodybuildings eine Empfehlung von 2,0g bzw. 2,5g Protein pro Kilogramm Körpergewicht des Zielgewichts eher die Untergrenze darstellt. Letztendlich handelt es sich also um einen guten und vor allem sicheren Kompromiss, den ich auch nach neuer Aufarbeitung des Themas getrost ein zweites Mal so empfehlen kann.
Sportliche Grüße Holger Gugg
www.body-coaches.de