Bodybuilding & Muskelaufbau

Cortisol – Freund oder Feind ? Teil 2

Liebe BLOG-Leser und treue PEAK-Kunden,

in Teil 1 meines BLOG 2-Teilers habe ich euch über Allgemeines zum Hormon Cortisol, seinen Nutzen und seine Tücken, sowie über seinen Einsatz für Dopingzwecke im Ausdauersport informiert. Bereits in Teil 1 habt ihr erfahren, wie es mit relativ einfachen Mitteln möglich ist, dass Cortisol-Level auf einem gesunden Niveau zu halten.

Im Bodybuilding sieht der Umgang mit Cortisol etwas anders aus, da wir uns hier absichtlich einer Stresssituation aussetzen.

Was man als Bodybuilder im Umgang mit Cortisol wissen und beachten sollte, erfahrt ihr in der folgenden Ausführung.

Was wollen wir mit Krafttraining bewirken?

Durch ein Training mit Gewichten versucht der Bodybuilder einen sog. hypertrophiespezifischen Reiz, der jeweilig trainierten Muskelgruppe an das Gehirn auszusenden. Dieser soll dann über die Produktion anaboler Hormone (wie z.B. Testosteron) zum Aufbau zusätzlicher Eiweißstrukturen sorgen (Proteinsynthese). Der Abbau soll nach Möglichkeit soweit gehemmt sein, dass der Aufbau überwiegt. Einen solchen Zustand bezeichnet man als anabole Stoffwechsellage oder positive Stickstoffbilanz.

Welche Rolle spielt Cortisol?

Höchstbelastungen im Training bedeuten für unseren Körper Stress. Energiespeicher des Körpers (Muskel- und Leberglykogen), sowie die Konzentration an Blutglukose werden im Training stark in Mitleidenschaft gezogen. Durch Erschöpfung unseres zentralen Nervensystems, durch das harte Workout, erfahren wir weiteren Stress, der auf unseren Körper ausgeübt wird. All diese Faktoren führen gemeinsam dazu, dass der Körper als normale Schutzwirkung Cortisol ausschüttet. Cortisol steigt während eines intensiven Trainings kontinuierlich an.

Cortisol hat das vorrangige Ziel, einen konstanten Blutzuckerspiegel aufrechtzuerhalten. Um dieses Ziel zu erreichen, ist ihm kein Mittel zu schade. Ohne Rücksicht auf die Ambitionen eines Bodybuilders beginnt Cortisol, Aminosäuren aus der Muskulatur abzuziehen und in Glucose umzuwandeln. Diesen Vorgang nennt man Glukoneogenese. Auch Fett aus den Fettspeichern wird zunächst aus diesen herausbefördert und steht im Blut als weitere Energiequelle zur Verfügung (Blut-Triglyceride).

Unter hohem Cortisolaufkommen verlieren wir also unsere hart erarbeitete Muskulatur.

Ein hohes Aufkommen von Glukose und Fettsäuren im Blut korreliert unter Cortisolüberschuss mit einer gehemmten Aufnahmefähigkeit der Zellen. Die so genannte Insulinsensitivität, sprich wie sensibel die Muskelzelle auf ankommendes Insulin reagiert, ist unter Cortisol reduziert. Die im Blut verfügbare Glukose kann nicht für Reparaturzwecke in die Muskelzelle gelangen, es entsteht somit intrazellulär ein kataboles Stoffwechselmilieu.

Muskelzellen werden unter Cortisol gegenüber Insulin desensibilisiert.

Cortisol wirkt als sog. Gegenspieler vieler anaboler Hormone.

Es kann den Wachstumshormonspiegel durch Stimulierung von Somatostatin (ein Wachstumshormon-Antagonist (Gegenspieler)) hemmen. Auch das IGF-1 sinkt unter dem Einfluss von Cortisol. IGF-1 ist einer der wichtigsten anabolen Stoffe im Körper und ist verantwortlich für die meisten positiven Wirkungen des Wachstumshormons, da GH (Growth Hormon) in der Leber in IGF-1 umgewandelt wird.

Auch Gonadotropin und Schilddrüsenhormone erfahren unter Cortisol eine Hemmung. T4, das inaktive Schilddrüsenhormon kann schlechter in die aktive T3 Form umgewandelt werden, was Bemühungen, den Körperfettgehalt zu reduzieren, deutlich bremst.

Testosteron/Cortisol - Quotient

Die Hemmung des Testosteronaufkommens ist es, welche die Möglichkeit einer verstärkten Proteinsynthese mit am Deutlichsten beschneidet.

Der Muskelaufbau steht in direkter Relation zum Testosteron/Cortisol-Verhältnis im Körper. Halten sich Testosteron und Cortisol ungefähr die Waage, ist Stillstand beim Muskelaufbau angesagt. Überwiegt Cortisol, kommt es zu einem Verlust an Kraft und Muskelmasse. Behält Testosteron die Oberhand, so haben wir den Idealfall und es wird Muskulatur aufgebaut.

Gerade ein Anfängertraining ist durch die fehlende intra- und intermuskuläre Koordination noch nicht derart intensiv wie das Training eines Fortgeschrittenen. Es werden sowohl Testosteron als auch Cortisol gebildet, jedoch in einem günstigen Verhältnis zugunsten des Testosterons, was für schnellen Muskelaufbau sorgt.

Hohes Cortisolaufkommen heißt niedriges Aufkommen anaboler Hormone.

Weitere Nachteile eines hohen Cortisolspiegels habe ich bereits in Teil 1 meines BLOG aufgeführt.

Was können wir dagegen unternehmen?

Maßnahmen im Training

Übertraining vermeiden

Gerade wenn ein Leistungsplateau erreicht ist neigen Bodybuilder dazu, Trainingsintensität, -umfang oder -dauer zu erhöhen. Leider erzeugt dieses Vorgehen nur noch mehr Stress und sorgt über ein vermehrtes Aufkommen von Cortisol zu weiteren Leistungseinbussen und Muskelmasseverlust.

Es entsteht ein typisches Übertraining, mit all seinen Symptomen wie z.B. Müdigkeit, Lustlosigkeit, Motivationsverlust, Infektions- und Verletzungsanfälligkeit.

Diesen Zustand müssen wir durch gezielte „Anti-Stress-Wochen“ vermeiden, in denen wir mit niedrigerer Intensität trainieren bzw. je nach Grad des Übertrainings komplett pausieren, um unserem Körper die Möglichkeit zu geben, sich von der Cortisol -Flut zu befreien.

Vermeidet auf jeden Fall Übertraining!!

Ruhetage zwischen den Trainingseinheiten

Unser Körper regeneriert sich nach einer bestimmten vorgegebenen Reihenfolge. Während als erstes muskuläre Phosphate, Leber- und Muskelglykogen wieder befüllt werden, ist es gerade unser Nervensystem das am Längsten für die Regeneration benötigt. Durch Stress in Mitleidenschaft gezogene Nerven (motorische Einheiten) bedeuten einen dauerhaft erhöhten Cortisolspiegel und erweisen sich bei Muskelaufbaubemühungen als äußerst kontraproduktiv.

Gebt besonders eurem zentralen Nervensystem die Möglichkeit sich zu regenerieren indem ihr trainingsfreie Tage in Eure Trainingswoche einbaut

Trainingseinheiten auf 60-70 Minuten beschränken

Nach 60 Minuten intensivem Training beginnt das Testosteronlevel zu Gunsten des Cortisolspiegels drastisch zu sinken. Es entsteht ein kataboles Ungleichgewicht. Der Wachstumshormon-Peak (höchste Wachstumshormonkonzentration) ist bei einem intensiven Training bereits nach 30 Minuten erreicht.

Das Training nach dieser Zeit zu beenden und sich um Regeneration zu kümmern nimmt dem Cortisol die Möglichkeit die Überhand zu gewinnen.

Keine zu langen ausschweifenden Cardio-Einheiten

Der Trend beim Bodybuilding orientierten Cardiotraining geht weg vom moderaten Fettstoffwechseltraining, hin zum HIIT oder Intervalltraining. Beide Formen im Übermaß ausgeführt erhöhen den Cortisolspiegel.

Besonders gefährlich ist es, in einer hypokalorischen Phase Gewichts- und Cardiotraining am Stück (selber Tag –nacheinander-) auszuführen. Durch die im Krafttraining geschwächten Glykogenspeicher erfährt man womöglich einen besseren Abbau von Körperfett, jedoch auch einen schnelleren Cortisolanstieg.

Meiner Meinung nach sind kombinierte Kraft-/Cardiotrainingseinheiten im hypokalorischen Zustand zu risikobehaftet und sollten vermieden werden.

Maßnahmen über die Ernährung

Basisernährung

Die Höhe des Cortisolspiegels und damit das Ausmaß der Wirkungen dieses Hormons, scheinen in hohem Maße von der Blutzucker- und Insulinkonzentration abzuhängen. Bei hohem Blutzucker und entsprechend hohem Insulinspiegel zirkuliert wenig Cortisol im Blut, und umgekehrt. In vitro Studien zeigen, dass Cortisol erst nach vier Stunden seine, den Proteinaufbau hemmenden und den Eiweißabbau fördernden Eigenschaften entfaltet. Umgekehrt kommt es innerhalb von einer Stunde nach einer Mahlzeit durch den Anstieg des Insulinspiegels zu einer Umkehrung der Wirkungen dieses Hormons.

Im Bodybuilding rechtfertigt dies die gängige Praxis, alle 3 bis 4 Stunden eine Mahlzeit einzunehmen.

Des Weiteren sollte man besonders im Bodybuilding Wert auf die ausreichende Versorgung mit Nährstoffen, Vitaminen und Mineralien legen. Dies beinhaltet unter anderem hochwertiges Protein, essentielle Aminosäuren, komplexe Kohlenhydrate und essentielles Fett.

Eine dauerhafte Reduzierung der Kalorienaufnahme in einen hypokalorischen Bereich trägt ebenfalls zu gesteigerten Cortisolwerten bei und sollte vermieden werden. Äußerst gefährlich gestalten sich diesbezüglich die letzten Wochen einer Wettkampfdiät im Bodybuilding. Hier kann man sich durch zu hohe Cortisolspiegel sprichwörtlich „die Form versauen“ oder gar eine Infektion riskieren, welche sogar zum Abbruch der Wettkampfdiät führen kann.

Hohe Mengen Coffein (mehr als 3 Tassen Kaffee am Tag) erhöhen den Cortisolspiegel zusätzlich. Im Umgang mit Coffein sollte man sich daher auf ein niedriges Maß beschränken.

Vor dem Training

Vor dem Training sollte man sich mit ausreichend komplexen Kohlenhydraten versorgen, um bereits zu Beginn des Trainings beständige Energie im Blut zu haben ohne eine starke Blutzuckerschwankung zu erzeugen. Anliegende Glucose im Blut kann nach Verbrauch der Phosphate bzw. der Leber- oder Muskelglykogenspeicher sofort als Ersatz eingesetzt werden. Ebenfalls sollte die Versorgung mit Proteinen gewährleistet sein, damit der Körper sofort auf die nötigen Bausteine zum Aufbau von Proteinstrukturen zugreifen kann.

Nach dem Training

Nach dem Training sind unsere Zellen außerordentlich empfänglich für Nähr- und Wirkstoffe. Die Insulinsensitivität ist durch das Training erhöht. Dies macht es uns einfach, das anliegende Cortisol durch Insulin wieder zu reduzieren.

Am besten nutzen wir diesen Zustand durch die Zufuhr kurzkettiger Kohlenhydrate (z.B. weißer Reis, zuckerhaltige Getränke oder Weißbrot) und Protein. Die Nährstoffe reduzieren Cortisol, füllen Glykogenspeicher schnell auf und tragen zu einer Erhöhung der Proteinsynthese bei.

Maßnahmen über Supplemente

Phosphatidylserin (PS)

Da Cortisol zwar viele Nachteile hat, jedoch auch nicht ganz unterdrückt werden sollte, wäre es von Vorteil eine Substanz nutzen zu können, welche überhöhte Cortisolwerte reduziert ohne dabei den normalen Cortsiolspiegel zu beeinflussen. Mit einer solchen Substanz könnte man ein dauerhaft positives Testosteron/Cortisol-Verhältnis sicherstellen und den Muskelaufbau maximieren.

Genau dies soll einiger Studien und Herstellern zur Folge mit Phosphatidylserin (PS) möglich sein. Eine tägliche Zufuhr von 800 mg Phosphatidylserin (PS), aufgeteilt in zwei Einzelgaben zu je 400 mg, verhindert den durch ein intensives Gewichtstraining oder sonstige Stressarten verursachten Cortisolanstieg.

Sonstige Anwendungsbereiche:

Die Anwendungsempfehlung aus der Naturheilkunde sind: Gedächtnis-Konzentrationsstörungen, Alzheimer und Depression, weil es die Freisetzung und Signaltransduktion von Neurotransmittern wie Dopamin und Acetylcholin fördert.
Bei der Anschaffung dieses Supplements sollte man sich nach einem Gehirnrindenderivat umsehen, da dies in den meisten Studien mit positiven Resultaten Verwendung fand. PS ist auch als Soja-Lecithin-Derivat erhältlich, hier ist die Datenlage jedoch noch etwas lückenhaft.

 
Acetyl-L-Carnitin
Dieses Supplement scheint den Abfall von Testosteron, welcher bei und nach einem intensivem Gewichttraining auftritt, aufzuhalten, indem es die Stress- Cortisolreaktion zu mindern vermag.

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Glutamin
Glutamin ist die Aminosäure mit dem höchsten intramuskulären Aufkommen. Glutamin spielt eine entscheidende Rolle bei der Proteinsynthese und Regeneration. Untersuchungen deuten darauf hin, dass man anhand des Glutaminaufkommens im Muskel auf Übertraining schließen kann. Übertrainierte Sportler weisen ein niedriges Glutaminniveau im den Skelettmuskeln auf. Weitere Untersuchungen konnten zeigen, dass Glutamin vermag, den Cortisol abhängigen Abbau von Muskelprotein zu verhindern.

Vitamin C
Vitamin C ist bekannt für seine antioxidativen Eigenschaften, es ist jedoch auch nützlich beim Kampf gegen überhöhte Cortisolspiegel. In Studien konnte mit der Einnahme von Vitamin C eine Abnahme des Cortisolniveaus bei Elite-Gewichthebern festgestellt werden. Das Testosteron/Cortisol Verhältnis konnte hier um mehr als 20% verbessert werden.

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Zink und Tribulus
Zink ist ein Mineral, das eine wesentliche Rolle bei unzähligen enzymatischen Reaktionen im Körper spielt. Es ist beteiligt an der Testosteronsynthese und der Produktion weiterer Steroidhormone. Tribulus ist bekannt dafür, die endogene (körpereigene) Testosteronsynthese zu steigern. Ein hohes Testosteronaufkommen ist eine gute Ausgangsbasis für eine günstiges Testosteron/Cortisol-Verhältnis.

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Weitere hilfreiche Supplemente

Cortisol senkende Eigenschaften wird neben den oben genannten Substanzen zudem DHEA, einen Testosteron-Vorläufer, zugesprochen. DHEA ist jedoch in Deutschland nicht frei verkäuflich und muss vom Arzt verschrieben werden.

Anti-Cortisol-Effekte können einigen Untersuchungen zur Folge auch durch Einnahme der Prohormon-Varianten Androstendion und Androstentriol erreicht werden. Die Einnahme fällt jedoch zum Einen unter das Doping-Gesetz, zum Anderen sind Prohormone mit zu vielen negativen Auswirkungen behaftet, weshalb ich persönlich von der Einnahme abrate.

Sonstige Maßnahmen

Ausreichend Schlaf

Schlafen bedeutet regenerieren. Im Schlaf wachsen unsere Muskeln, da unser Körper sich während dieser Zeit voll regenerativen Vorgängen widmen kann. In der Nacht haben wir den höchsten natürlichen Stand an Wachstumshormon. Cortisol beginnt sich erst in der 2-ten Nachthälfte zu bilden. Im Bodybuilding sollte man sich das Ziel setzen 8 Stunden pro Tag zu schlafen. Das Schlafbedürfnis ist zwar von Person zu Person unterschiedlich, dennoch stellen 8 Stunden das Optimum dar. Um die Schlafqualität zusätzlich zu verbessern kann man das Aufkommen von Serotonin, dem Schlafhormon durch Supplementierung von Tryptophan unterstützen.

Zusammenfassung

Cortisol ist meinen Ausführungen zur Folge eher als FEIND des Bodybuildings anzusehen. Ein gewisses Cortisolaufkommen ist auch im Bodybuilding wichtig, um entzündlichen Prozessen entgegen zu wirken, leider provozieren wir durch unser hartes Training jedoch ein übernatürlich hohes Aufkommen dieses katabolen Hormons. Glücklicherweise haben wir die Möglichkeit dieses Cortisolaufkommen durch eine gezielte Lebensweise, gute Ernährung und den Einsatz einiger Supplemente durchaus in Schach zu halten.

Es liegt also an jedem von uns, sich dieser Aufgabe zu stellen und das Beste daraus zu machen. Wer sich dieser Aufgabe nicht gewachsen fühlt, hat die Möglichkeit sich hier von einem Ernährungsberater unterstützen zu lassen.

In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern viel Erfolg beim Umsetzen meiner zahlreichen Tipps im Umgang mit Cortisol.

Sportliche Grüße

Euer

Holger Gugg

www.body-coaches.de

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