Liebe BLOG-Leserinnen und Leser, liebe PEAK-Kundinnen und Kunden,
in Teil 1 haben wir uns mit einer interessanten körpereigenen Enzymgruppe, den sog. Transglutaminasen, beschäftigt. Sie fungieren in unserem Körper als Gewebskleber und sorgen so mitunter für stabile Gewebsverbindungen.
Die Lebensmittelindustrie hat Transglutaminasen ebenfalls für sich entdeckt, stellt diese aus Bakterienstämmen her und verwendet sie für eine Vielzahl an proteinreichen Nahrungsmitteln. Bei Fleisch lassen sich Fleischreste damit zu größeren Fleischstücken verkleben. Bei anderen Proteinträgern verändert es die Produkteigenschaften und lässt Einsparmaßnahmen bei Rohstoffen zu.
Obwohl wir aus Teil 1 ebenfalls bereits wissen, dass Transglutaminasen im Endprodukt eigentlich nicht mehr auftreten, gibt es immer wieder Bedenken hinsichtlich gesundheitlicher Bedenken bei deren Einsatz. Damit möchte ich mich in Teil 2 befassen. Ebenso möchte ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, einige weitere interessante Informationen zu den Themen Formfleisch und Lebensmittelimitate nicht vorenthalten.
Viel Spaß bei meinen Ausführungen.
Transglutaminasen
mTG - Allergenität und Toxizität
Eine am National University Hospital in Kopenhagen durchgeführte Studie konnte 2004 keine Sicherheitsbedenken hinsichtlich eines allergenen Potentials von mTG (mikrobiellen Transglutaminasen) feststellen. Die Allergenität von Protein kann Nachweisen zur Folge durch mTG sogar abnehmen.
Auch toxikologische Untersuchungen bescheinigen mTG Unbedenklichkeit. Sie werden im Magen durch den sauer ph-Wert inaktiviert und durch Pepsin vollständig abgebaut.
Das wissenschaftliche Gremium für Lebensmittelzusatzstoffe der EFSA berichtete bereits 2005 von einer gesundheitlichen Unbedenklichkeit bei der Verwendung von mTG zur Lebensmittelherstellung.
Die reine Verwendung von Transglutaminasen zur Lebensmittelherstellung scheint keine zusätzlichen Risiken zu bergen.
Zöliakie
Zöliakie ist der Fachausdruck für die sog. Glutenunverträglichkeit. Es handelt sich dabei um eine chronische Erkrankung der Schleimhaut des Dünndarmes, die aus einer Überempfindlichkeit gegen die Bestandteile von Gluten (Klebereiweiß aus dem Samen einiger Getreidearten) resultiert. Zöliakie ist teilweise erblich bedingt. Betroffene leiden im Regelfall lebenslang darunter. Bei der Zöliakie kommt es zu einer Störung der Aufnahme von Nährstoffen und Symptomen wie Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Durchfall oder Gewichtsverlust.
In Bezug auf Transglutaminasen erhöht sich bei einer Zöliakie die Aktivität von tTG in unseren Darmwandzellen. Das Auftreten einer Zöliakie steht in direktem Zusammenhang mit dem enzymatischen Einfluss von tTG auf weizenhaltigen Speisebrei. Erst durch die herbeigeführte Veränderung, die tTG auf die Nahrung ausübt, passen die Glutenbestandteile exakt auf den Rezeptor, um die Symptomatik der Zöliakie in Gang zu bringen.
Werden keine glutenhaltigen Lebensmittel verzehrt, besteht natürlich auch kein negativer Einfluss durch tTG und auch nicht durch mTG, da diese ja wie bereits erwähnt schon im Magen deaktiviert und abgebaut werden.
Auch das BfR hat in einer Stellungnahme von Januar 2013 die Aufnahme von mTG nicht als eindeutigen Risikofaktor für Zöliakiepatienten benannt. Der Verzicht auf Gluten sei nach wie vor die einzige Möglichkeit, sich vor einer Symptomatik zu schützen.
ABER
Bei Zöliakie kommt es nachweislich zu einem erhöhten Aufkommen an Antikörpern gegen tTG im Blut, weshalb sich die Bestimmung dieser Antikörper als Indikator für Zöliakie eignet.
Anders gedacht besteht die Möglichkeit, die Zöliakiesymptomatik durch eine medikamentöse Hemmung der oben beschriebenen Umwandlungsvorgänge, ausgelöst durch tTG, zu lindern. Hierzu laufen aktuell Forschungsprogramme.
Gewebstransglutaminasen beeinflussen die Ausprägung einer Zöliakie. Mikrobielle Transglutaminasen haben keinen belegten Einfluss.
Bis dato gilt für Zöliakiepatienten der Verzicht auf Gluten als einzige Handlungsmöglichkeit.
Formfleisch – Täuschend echte Mogelpackung
Haben Sie sich schon einmal ganz genau ihr Chicken Mc Nugget, den Schinken auf Ihrer Pizza oder das Fleisch aus Ihrem all mittäglichen Fertiggericht angesehen? Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass das Stück Fleisch, das Sie verzehren, so nicht gewachsen ist.
Aus Schlachtresten und sonstigen Überbleibseln der Schlachthäuser werden regelmäßig größere Fleischteile geformt. Es entsteht Formfleisch. Anbei ein Beispiel aus dem Handel.
Im Laufe seiner Herstellung werden Fleischbrocken maschinell bearbeitet mit Salz sowie Transglutaminasen versehen, gepresst und dann erhitzt oder stark abgekühlt, sodass sich die Eiweißbestandteile binden. Die so entstehende Brät ähnliche Masse darf jetzt mit bis zu 5 % der Gesamtmenge (bzw.10 % bei Geflügel) Teil eines Fleischprodukts werden.
In Sachen Zusammensetzung unterscheidet sich Formfleisch bis auf die Zugabe von Gewürzen oder Salz nicht vom Fleisch am Stück. 95 % der Fleischmasse müssen hier tatsächlich aus Fleisch bestehen.
Das deutsche Lebensmittelbuch schreibt glücklicherweise eine Kennzeichnungspflicht für Formfleisch vor. Produkte müssen klar mit „Formfleisch“ sowie einer nachträglichen Erläuterung gekennzeichnet werden.
Formfleisch ist der Begriff für die Resteverwertung der Fleischherstellung. Wenngleich es sich um Reste aus der Schlachterei handelt, liegt zumindest der Fleischanteil hier noch nahe 100%.
Interessant:
Während man es bei allen Geflügelangeboten des Fast-Food-Restaurants Mc Donalds sicher mit einem Anteil an Formfleisch zu tun hat, besteht das Rindfleisch noch aus 100% Fleisch ohne sonstige Zusätze.
Lebensmittelimitate – Betrug auf der ganzen Linie
Alles erlaubt?
Bis zu diesem Punkt haben wir es bei Fleischprodukten immer noch mit bis zu 95 % reinen Fleischbestandteilen zu tun. Das, was jetzt kommt, hat mit dem eigentlichen Lebensmittel, wie es angeboten wird, nicht mehr wirklich viel zu tun.
Nach deutschem Lebensmittelrecht ist es erlaubt, Zusatzstoffe wie Verdickungsmittel (Alginat oder Hydrokolloide) sowie Stärke, tierisches Eiweiß, Blutplasma, Weizen, Geliermittel oder Milch zu verwenden, um Lebensmittel damit strecken.
Imitate in allen Lebensmittelgruppen
Aus Fleisch wird so also ein Gemisch aus Fleisch und einer Reihe von wasserhaltigen Zusätzen die den Fleischanteil auf das vorgeschriebene Mindestmaß reduzieren. Das Ziel ist klar: Senkung der Herstellungskosten und Verkauf zu dem Preis, wie man ihn eigentlich für echtes Fleisch bezahlen würde. Bestes Beispiel hierfür sind Schinkenimitate, wie Sie zuhauf auf der Pizza oder in Fertiggerichten landen.
Die beigefügte Darstellung zeigt den Unterschied zwischen Original und Fälschung.
Interessant:
Für gestreckten Schinken auf Pizzas darf in der Karte nicht der Begriff „Pizzaschinken“ stehen.
Wichtig:
Es versteht sich von selbst, dass gerade bei Light-Wurst die rechtlichen Grenzen voll ausgenutzt werden, um den kcal-Gehalt maximal zu reduzieren.
Mit Light-Wurst kaufen Sie sehr teures Wasser ein!
Auch bei anderen Lebensmitteln wird fleißig imitiert. Am häufigsten treten Imitate auf bei Krebsfleisch, Krabben, Schoko-Creme, Schafskäse, Käse oder Speiseeis.
Sog. Analogkäse, bestehend aus Pflanzenfett, Stärke, Eiweiß wird bereitwillig besonders für Pizza, Gratins, Lasagne, Cheeseburger oder Käsebrötchen verwendet.
Bei Eis müssen mit der Bezeichnung „Eiscreme“ mindestens 10 % Milch enthalten sein. „Eis“ oder „Speiseeis“ enthält dagegen statt Sahne oder Milch oftmals Kokosfett oder Palmfett. Statt echter Vanille enthalten viele Sorten nur noch billigste Aromastoffe.
Kennzeichnungspflicht
Für Lebensmittelimitate gibt es natürlich gesonderte Kennzeichnungsvorgaben, die allerdings dem Verbrauchen trotzdem nicht eindeutig zeigen, dass es sich hierbei um ein Imitat handelt.
Bereits am 16.06.2010 wurde eine Pressemitteilung veröffentlich, nach welcher künftig EU-weit Lebensmittelersatzprodukte mit dem Wort „Imitat“ gekennzeichnet werden sollen. Bis heute ist mir die Einführung dieser Maßnahme nicht bekannt, dabei wäre sie so wichtig! Man kann nicht von jedem Bundesbürger erwarten, sich mit den Bezeichnungen von Lebensmitteln auszukennen. Das Wort „Imitat“ wäre eindeutig!
Fazit:
Lebensmittel-Imitate „betrügen“ Verbraucher und erfreuen Hersteller!
Zusammenfassung
Mit Transglutaminasen werden aus Fleischresten große Fleischteile zusammengeklebt. Eine nicht wirklich schöne Vorstellung, da wir auf diese Art kein natürlich gewachsenes Stück Fleisch mehr aufnehmen und so auch nicht genau wissen, was in unser Stück Schinken nun eingearbeitet wurde. Zumindest hinsichtlich der Nährwerte kann man sich noch darauf verlassen, dass sie bis auf etwas mehr Natrium und einiger Gewürze bei Formfleisch noch denen von richtigem Fleisch am Stück entsprechen. Gesundheitlich scheint die Verwendung von Transglutaminasen unbedenklich zu sein. Formfleisch muss zudem mit dem Begriff „Formfleisch“ eindeutig gekennzeichnet werden.
Lebensmittelimitate sind weit verbreitet und sowohl für die Lebensmittelindustrie als auch für die Gastronomie ein enorm profitables Werkzeug zur Aufbesserung von Gewinnspannen. Erst mit der Einführung einer eindeutigen Kennzeichnung wird der Markt die nötige Transparenz erhalten. Bis es so weit ist, kann ich Sie, liebe Leserinnen und Leser, nur auffordern, Lebensmittelanalysen genau zu studieren. Natürlich hat jeder Verbraucher die Möglichkeit, sich genau über die jeweiligen Kennzeichnungen zu informieren, meiner Meinung nach sollte dies gerade beim Thema Lebensmittel eigentlich nicht notwendig sein!
Alle Sportlerinnen und Sportler sollten meinen Artikel nicht als große Verschwörungstheorie, sondern als Aufforderung sehen, bei der Auswahl Ihrer Lebensmittel immer mit zwei offenen Augen vorzugehen. Nährwertanalysen sind und bleiben bis dato der beste Weg, wirklich das auf den Teller zu bekommen, was man möchte.
In diesem Sinne beste Wünsche und bis zum nächsten Mal
Ihr
Holger Gugg
www.body-coaches.de
Quellen
https://de.wikipedia.org/wiki/Z%C3%B6liakie
https://de.wikipedia.org/wiki/Gluten
https://de.wikipedia.org/wiki/Formfleisch
http://www.transglutaminase.com/de/was-ist-tg/wie-funktioniert-tg
Transglutaminase in Fleischerzeugnissen - Aktualisierte Stellungnahme Nr. 052/2011 des BfR vom 30. November 2011 - ergänzt am 21. Januar 2013
Optimierung der Proteinquervernetzung durch Transglutaminase in gerührtem Joghurt - Forschungskreis der Ernährungsindustrie e.V. (FEI), Bonn – 2007 bis 2009
Verbraucherzentrale Hamburg – Mogeleien im Restaurant – So können Sie getäuscht werden
Verbraucherzentrale Hamburg – Lebensmittelimitate im Supermarkt – Mehr Schein als Sein