Liebe Leserinnen und Leser, Liebe PEAK-Kundinnen und Kunden,
vor einigen Jahren wurde ich persönlich, im Rahmen der FIBO, das erste Mal mit Trockenfleisch konfrontiert. Was man bis dato eigentlich nur aus der Tiernahrung kannte, wurde auf einmal als DIE neue Errungenschaft in der Welt des Sports vorgestellt.
„Sportler brauchen viel und fortwährend Protein“ und „Es gibt keine sauberen Snacks für Sportler“ …so hieß es und gleichzeitig wurde die Lösung beider Probleme in Form von Trockenfleischpäckchen vorgestellt, die man käuflich in Größenordnungen von 100g bis 2000g erwerben konnte.
Mit Skepsis und dennoch der notwendigen Neugier, wagte ich mich an den Stand, um die dort ausliegenden Proben zu kosten. Man erwartet von „Trockenfleisch“ ,wie der Name schon sagte, ein trockenes und etwas zähes Stück Fleisch, welches auch geschmacklich sicher keinen absoluten Hochgenuss darstellt. Zu meiner freudigen Verwunderung war genau das Gegenteil der Fall. Das Trockenfleisch war nahezu saftig, gut gewürzt, absolut nicht zäh und ich konnte gar nicht mehr aufhören mich durch die damals ausliegenden 5 Geschmacksrichtungen zu futtern ... immerhin ist es ja „nur“ Fleisch!
Heute, einige Jahre später, hat meine große Euphorie nachgelassen. Trockenfleisch wie man es fertig zu kaufen bekommt, ist einerseits relativ teuer und andererseits konnte ich es natürlich nicht lassen, auch einen Blick auf die Analysen der jeweiligen Produkte zu werfen.
Was ich herausgefunden habe und ob Trockenfleisch tatsächlich einen „sauberen“ und damit für den an Muskelaufbau und Fettabbau interessierten Sportler tauglichen Proteinsnack darstellt, werde ich heute berichten.
Viel Spaß
Fleisch – Das Ausgangsprodukt für Trockenfleisch
Durchforstet man Rezepte zur Herstellung von Trockenfleisch werden oftmals Rumpsteak oder Rouladen als Basisfleisch verwendet. Die beigefügte Analyse zeigt, was sich pro 100g in diesem Ausgangsprodukt für Trockenfleisch befindet
Diese Darstellung wird besonders dann interessant, wenn es jetzt darum geht, beispielhaft einige Zutatenlisten und die dazugehörigen Nährstoffanalysen von Trockenfleisch zu betrachten:
1. Beispielhafte Zutatenliste „Jack Links Turkey Snack“
Truthahnfleisch, Zucker, Salz, brauner Zucker, hydrolisiertes Maiseiweiß, Sojasaucenpulver (Weizen, Sojabohnen, Speisesalz), Maltodextrin, Aroma,. Hefeextrakt, pflanzliches Öl, Rosmarin, Antioxidationsmittel
Nährwertangaben pro 100g:
Brennwert |
216 kcal / 909 kJ |
Eiweiß |
29,6 g |
Kohlenhydrate |
11,2 g |
Fett |
5,8 g |
2. Beispielhafte Zutatenliste „Jack Link's Beef Jerky Original“
Rindfleisch, Zucker, getrocknete Sojasauce, Salz, getrockneter Glucosesirup, Gewürze, Aroma, hydrolisiertes Maisprotein, Sojaprotein, Maltodextrin, hydrolisiertes Sojaprotein, Geschmacksverstärker, Antioxiationsmittel, Nitritpökelsalz, Natriumascorbat, Raucharoma
Nährwertangaben pro 100g:
Brennwert |
250 kcal / 1047 kJ |
Eiweiß | 47 g |
Kohlenhydrate |
12 g |
Fett |
3 g |
Fazit
Sieht man sich die Analysen des Ausgangsproduktes von Trockenfleisch und sowohl Zutaten, als auch die Analyse von fertigem Trockenfleischvarianten an, erkennt man schon auf den ersten Blick eindeutige Unterschiede.
Sehen wir uns das Ganze im folgenden Kapitel doch nochmals etwas genauer an….
Auffälligkeiten bei der Unterscheidung
Kaloriengehalt
Ja natürlich, Trockenfleisch liefert mehr Kalorien pro 100g – immerhin ist der Wasseranteil im Laufe des Trocknungsverfahrens auch enorm reduziert worden, was eine Erhöhung der Kaloriendichte zur Folge hat. 100g Rohfleisch liefern zwischen 120 und 160kcal, während Trockenfleisch in unseren beiden Beispielen mit 216-260kcal zu Buche schlägt. Dies kommt beinahe einem verdoppelten Kaloriengehalt gleich.
Aber liegt es wirklich nur daran, dass Trockenfleisch so viel mehr Kalorien liefert als sein Ausgangsprodukt?
Nährstoffe
Protein
Fleisch liefert pro 100g zwischen 20 und 30g Protein. Interessanterweise sind die Werte bei Trockenfleisch nur teilweise höher! In unserem Beispiel mit Turkeyfleisch kommt der Gehalt gerade mal auf knapp 30g pro 100g. Beef bringt es immerhin auf 47g pro 100g. Abzüglich des enormen Wasserverlustes sollte und müsste bei einer beinahen Verdopplung des Kaloriengehaltes der Proteingehalt also wesentlich höher ausfallen.
Fett
Während man bei Frischfleisch von Fettmengen um die 4,5g pro 100g ausgeht, liefert Trockenfleisch je nach Sorte durchschnittlich zwischen 3g und 5,8g Fett pro 100g (hier können starke Unterschiede je Sorte bestehen). Signifikante Unterschiede lassen sich hier nicht feststellen.
Kohlenhydrate
Der Knackpunkt in Sachen Nährstoffanalyse liegt bei den Kohlenhydraten. 100g Frischfleisch sind weitestgehend kohlenhydratfrei, während Trockenfleisch durchaus 10 oder mehr Gramm pro 100g Kohlenhydrate beinhalten kann.
Zwischenfazit
Trockenfleisch liefert im Verhältnis zu Frischfleisch anteilsmäßig weniger Protein, relativ identische Mengen Fett (stark abhängig von der Sorte) und deutlich mehr Kohlenhydrate!!
Woher und warum die vielen Kohlenhydrate?
Woher
Diese Frage beantwortet sich über die oben bereits genannten Zutaten in Trockenfleisch „von der Stange“. Zucker, Glucosesirup, Maltodextrin …. allesamt Bezeichnungen für beigesetzte Zuckerarten, die in Trockenfleisch verwendet werden und in teilweise erheblicher Menge den Marinaden beigesetzt sind, in denen das Fleisch vor seiner Trocknung und Räucherung eingelegt wird.
Warum
Sie dienen einerseits dem abrunden der Salzspitze, welche wiederum enthalten sein muss, um die Haltbarkeit zu verlängern und andererseits werden sie in einigen Produkten schlichtweg als Füllstoff verwendet. Ein kleiner Trick der Fleischindustrie ist es, mit dem Einsatz von Marinade und Zucker auch ein Fleisch mit einem höheren Fettanteil verwenden zu können, bei welchem zudem der Anteil an Haut und Bindegewebe erheblich höher ausfällt, als würde keine Marinade verwendet werden. Die Marinade sorgt mit all seinen Inhaltstoffen dafür, dass die Bindegewebestandteile mürbe werden und beim Verzehr nicht unangenehm auffallen.
Letztlich sorgt man mit einem höheren Anteil an Zucker und Salz für eine Absenkung des aW-Werts. Dies bezeichnet das Maß für freies, zur Verfügung stehendes Wasser, welches dem Wachstum von Mikroorganismen zuträglich sein könnte, da die Bestandteile Wasser an sich binden und sog. Hydrathüllen bilden. Das Fleisch hat somit einen höheren Wasseranteil, der aber für Mikroorganismen nicht zugänglich ist und weist so wiederum eine längere Haltbarkeit auf.
Fazit
Herkömmliches Trockenfleisch von der Stange muss man leider als „Mogelpackung“ bezeichnen. Mit einem „sauberen“ Snack für Sportler haben die marinierten getrockneten Fleischteile leider nicht mehr viel gemeinsam
Sportler-taugliches Trockenfleisch selbst gemacht!
Wem ich die herkömmlich erhältlichen Trockenfleischvarianten mit meinen Ausführungen nun etwas madig gemacht habe, kann ich zur Versöhnung zum Abschluss dennoch ein Rezept anbieten, mit dem man sich ein WIRKLICH Sportler gerechtes Trockenfleisch selbst zubereiten kann.
Zur Zubereitung wird lediglich Salz und Pfeffer benötigt. Das verwendete Fleisch wird vorab von Fett und Sehnen befreit und in 2-3cm dicke Streifen geschnitten. „Eingelegt“ in Pfeffer und Salz bedarf es keiner 12-stündigen Wartezeit im Kühlschrank so dass man direkt mit dem ersten von zwei Trocknungsvorgängen beginnen kann. Das Fleisch muss hierzu für 5-8 Stunden bei 40-50 Grad im Backofen verweilen und sollte dazu auf dem Gitterrost aufgelegt werden.
Zwei Trocknungsvorgänge sind notwendig, um den oben angeführten aW-Wert zu erreichen, der dem Fleisch die nötige Haltbarkeit verleiht.
Der Vorteil dieser Zubereitungsvariante ist der, dass man ein reines Fleischprodukt ohne zusätzlichen Zucker und sonstige Substanzen erhält. Der vermeintliche Nachteil ist eine durch einen höheren Abtrocknungsverlust (50-60% statt nur 20-30% bei herkömmlichem Trockenfleisch) bedingte zähere Konsistenz des Fleisches. Man kann im Gegenzug von dieser Trockenfleischvariante von einem sehr hohen Gehalt an Protein ausgehen und profitieren.
Da erfahrungsgemäß nicht alle Fleischteile gleichermaßen trocken, sollte das fertige Fleisch noch 1-2 Tage in einer gut verschlossenen Plastikdose verweilen, damit sich die Restfeuchte noch entsprechend verteilen kann. Jetzt ist es verzehrfertig!
Fazit
Haltbares Trockenfleisch lässt sich auf Kosten der Konsistenz und Bisseigenschaft auch ohne starke Salzspitze, die Beigabe verschiedener Zuckerarten und sonstiger Stoffe zur Konservierung herstellen. In diesem Falle lässt sich dann tatsächlich von einem „sauberen“ Snack sprechen
Zusammenfassung
Was mich einst absolut begeistern konnte, hat sich nach genauerem hinsehen leider wie so oft als schlechter Kompromiss erwiesen. Trockenfleisch von der Stange stellt keine Alternative dar, wenn es darum geht, sich „sauber“ mit Protein zu versorgen. Die Idee von Trockenfleisch ist prinzipiell eine sehr gute, da es natürlich eine haltbare, transportable und unproblematische Lösung wäre, immer eine Portion Protein am Mann (oder der Frau) zu haben. Wieder einmal müssen wir Sportler die Herstellung jedoch selbst in die Hand nehmen, da die Mogeleien der industriellen Fertigung einfach zu viele „Schandtaten“ bereit hält, die mir keine andere Wahl lassen, als Trockenfleisch nur sehr bedingt als „guten Snack“ zu bezeichnen.
In diesem Sinne wünsche ich allen Leserinnen und Lesern das Allerbeste und viel Erfolg!
Sportliche Grüße
Ihr
Holger Gugg
www.body-coaches.de