Nachgesagte Wirkungen von Kürbiskernen
Kürbiskerne und Kürbisfleisch werden seit geraumer Zeit für gesundheitliche Zwecke verwendet. Archäologische Funde deuten darauf hin, dass bereits 5000-7000 vor Christus Kürbisse angebaut wurden. Indianer behandeln noch heute Schwellungen, Entzündungen und Geschwüre damit. Zur Behandlung von Prostatabeschwerden eignen sich Kürbiskerne angeblich über enthaltene Phytosterole. Sie besetzen die Dihydrotestosteronrezeptoren der Prostata und hemmen somit das durch DHT ausgelöste Wachstum. Auch enthaltene Phenolglycoside bremsen gutartiges Prostatawachstum, indem sie den Hormonhaushalt des Mannes beeinflussen. Dies sei durch jüngste Studien der Doktoren Caesar B. Schmidlin Matthias H. Kreuter belegt. Schon 2-3 Esslöffel täglich helfen. Kürbiskerne sollen den Blutdruck senken und Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen. Hierfür sind hauptsächlich cholesterinsenkende und antioxidative Eigenschaften verantwortlich. Enthaltene Linolsäure aber auch Phytosterine sollen den Cholesterinspiegel senken und in Zusammenarbeit mit anderen ungesättigten Fettsäuren über eine Aktivierung des Zellstoffwechsels gegen Übergewicht helfen. Anderen Aussagen zur Folge soll sogar die Cholesterin-Synthese mit der Verwendung von Kürbiskernen blockiert werden. Die Kombination aus Linolsäure, dem hohen Gehalt an Vitamin E und in Kürbiskernen enthaltenen Lignanen sollen die Blasenmuskulatur stärken und so Blasenbeschwerden und Harn-Inkontinenz besonders bei Frauen vorbeugen und heilen. Auch das Risiko von Blasensteinen verringert sich mit der Aufnahme von Kürbiskernen. 10-15g täglich sollen hier wahre Wunder vollbringen. Das Vitamin- und Mineralstoffprofil von Kürbiskernen soll die Immunität erhöhen, geistig fit halten, die Arbeit des Magen-Darm-Trakts verbessern, Sehkraft und Organe schützen, die Arbeit der Herzkranzgefäße fördern, vor Depressionen bewahren, Lungenblutungen, Nierenbeschwerden, Muskelschwund und Magengeschwüre verhindern. Der Aufbau von Haaren und Nägeln wird durch den Einsatz von Kürbiskernen gestärkt. Akne, Schuppen und trockene Haut gehören bei regelmäßigem Gebrauch der Vergangenheit an. Gegen Schlaflosigkeit hilft ein Sud aus zerquetschten Kürbiskernen mit Wasser oder Milch. Letztlich hilft das in den Kernen enthaltene Öl sogar bei Tuberkulose. Sieht man sich das Profil der Kürbiskerne im Heilpflanzenlexikon an, so gelten diese als harntreibend und magenschonend. Heilpraktiker verwenden Kürbiskerne bei Würmern (durch enthaltenes Curcubitin), Schwangerschaftsbrechen, Rheuma, Reizblase, Prostatabeschwerden, Nierenschwäche, Herzbeschwerden, Gicht, Fettsucht und Blasenschwäche. Schwellungen gehen mit dem Einsatz von Kürbiskernen über enthaltenes Citrullin angeblich schneller zurück. Es ist an der Harnstoffbildung beteiligt und sorgt über einen zügigeren Ammoniakabbau zu einer schnelleren Gewebeentwässerung.Fazit:
Ich denke ich habe in der Einleitung nicht zu viel versprochen. Wäre ich ein Otto-Normal-Verbraucher und hätte diesen Abschnitt ohne Wörter wie „angeblich“ oder „sollen“ gelesen, würde ich noch heute zur Drogerie gehen und mir Kürbiskerne kaufen.
Was ist nun an alledem dran?
Kürbiskerne, Cholesterin und Herz-Kreislaufgesundheit
Phytosterole
Phytosterole gehören zur Substanzgruppe der Sterine und entstammen dem Fett- bzw. Öl-Anteil von Pflanzen. Sie fungieren wie Cholesterin bei Mensch und Tier als strukturelle Komponente der Zellmembran von Pflanzen. ?-Sitosterol ist der am häufigsten vorkommenden Vertreter aus der Gruppe der Phytosterole. Der normale Mischkostler nimmt täglich etwa 160-360mg Phytosterole auf, Vegetarier oftmals die doppelte Menge. Nur 5-10% der aufgenommenen Menge werden resorbiert, der Rest wird über den Stuhl ausgeschieden. Phytosterole sorgen für eine kompetitive Hemmung der Aufnahme von Cholesterin im Darm. Sie senken das Gesamtcholesterin- und LDL-Aufkommen unabhängig davon, ob erhöhte Cholesterinwerte gegeben sind oder nicht. Das Aufkommen von HDL und Triglyceriden bleibt von der Aufnahme unberührt. Geschlechtlich und altersbedingt ergeben sich keinerlei Unterschiede. Um bezüglich des Cholesterinaufkommens zu wirken, müssen pro Tag etwa 2-3g Phytosterole aufgenommen werden. Mit 20-30g Margrine oder aber angereicherten Joghurtdrinks, sicher aber auch mit Kürbiskernen kann man diese Menge relativ schnell erreichen. In Bezug auf Statine ergeben sich additive Wirkungen auf eine Senkung des Cholesterinaufkommens. Kombinationstherapien werden teilweise praktiziert. Das Bundesministerium für Risikobewertung warnt davor, bei normalem Cholesterinaufkommen hohe Mengen Phytosterole aufzunehmen. Hierzu muss man jedoch sagen, dass 90% des Cholesterinaufkommens vom Körper selbst stammen, so dass diese Aussage damit wieder etwas relativiert werden kann. Die Kehrseite Phytosterole vermitteln aufgrund ihrer starken strukturellen Ähnlichkeit mit dem Cholesterinmolekül ein eigenständiges atherogenes Risiko! Hinsichtlich der risikobehafteten Konzentration ist man sich jedoch derzeit noch uneinig. Einer Studie der Universität Münster zur Folge erhöht sich das Risiko auf einen Herzinfarkt bei koronaren Risikopatienten in Verbindung mit hohen Phytosterolwerten um das 3-fache. Dies bedeutet, man kann trotz der Senkung des Cholesterinaufkommens NICHT von einer Herz- und Gefäßschützenden Wirkung sprechen. Phytosterole stehen zudem unter Verdacht, die Aufnahme von fettlöslichen Vitaminen (außer Vitamin D da es über einen eigenen Transporter verfügt) zu hemmen.Fazit:
Phytosterole und damit die Aufnahme von Kürbiskernen kann das Cholesterinaufkommen senken. Phytosterole vermitteln aber ein eigenständiges atherogenes Risiko, weshalb Aussagen zu Kürbiskernen und deren schützender Wirkung auf Herz und Gefäße als nicht zutreffend gewertet werden müssen. Kürbiskerne aufgrund deren Gehalts an Phytosterolen zur Senkung des Cholesterinaufkommens zu verzehren, ist also ein zweischneidiges Schwert und sollte gut abgewogen werden.
Wissenschaftliche Hintergründe zur Hemmung der Cholesterin-Synthese konnte ich nicht finden. Eine verminderte Aufnahme über die Ernährung führt zum Ausgleich eher zu einer Erhöhung der körpereigenen Synthese, weshalb ich davon ausgehe, dass dieser Punkt nicht von Bedeutung sein kann.
Kürbiskerne und BPS
BPS (Benignes Prostatasyndrom), so lautet die Fachbezeichnung für Probleme, verursacht durch ein Wachstum der Vorsteherdrüse. Die Symptomatik erstreckt sich von Nachträufeln, Harnstrahlabschwächung und Startverzögerung über häufigen Harndrang und nächtliche Miktionen.Synthetische Behandlung
BPS wird gerne mit synthetischen Wirkstoffen wie a-Blockern oder 5-a-Reduktasehemmern therapiert. a-Blocker entstammen eigentlich der Hypertoniebehandlung (Bluthochdruck). Sie werden bei Prostataleiden eingesetzt, da sie zur Erschlaffung der glatten Muskulatur des Blasenhalses, der Prostata und der Harnröhre führen und somit den Harnabfluss erleichtern. Das Voranschreiten von BPS beeinflussen sie nicht. 5-a-Reduktasehemmer hemmen die Umwandlung von Testosteron in DHT (Dihydrotestosteron), welches für das Wachstum der Prostata verantwortlich ist. Nach mehreren Monaten der Einnahme kommt es bei den meisten Patienten zu einem Rückgang des Wachstums um etwa 25%. Der Einfluss auf irritative obstruktive Beschwerden wird inzwischen als moderat beschrieben. Im Gegensatz dazu kann es zu verringerter Libido, Impotenz oder vermindertem Ejakulationsvolumen kommen.Wichtig:
Probleme beim Wasserlassen können sowohl von der Blase als auch von der Prostata ausgehen. Dies ist in jedem Falle durch einen Arzt festzustellen.
Pflanzliche Behandlung
Zu Behandlungsvarianten mit Pflanzen zählen Extrakte von Kürbissamen, Roggenpollen, Sägepalmfrüchten, Brennesselwurzeln oder sonstiger phytosterolhaltiger Präparate. Die Gesamtheit dieser Präparate wird als Phytopharmaka bezeichnet. Sie sollen Miktionsbeschwerden aufgrund Prostatawachstums verbessern und die Blasenmuskulatur stärken, was sich in einem stärkeren Harnstrahl bemerkbar macht. Als hauptsächlich verantwortliche Substanz wird auch hierfür ?-Sitosterol gehandelt. Der Vorteil dieser Präparate sind beinahe ausbleibende Nebenwirkungen (0,3% pro 1000 Verschreibungen deutscher Urologen). Der deutschen Gesellschaft für Urologie zur Folge existieren zwar Hinweise aus randomisierten Studien, die eine Wirksamkeit von Phytopharmaka belegen, insgesamt ist die Studienlage jedoch noch zu dünn, als das von einer klinisch relevanten Wirksamkeit auszugehen ist, da sich die verfügbaren Studien auf maximal 5 Monate beschränken. Sucht man nach dem am besten untersuchtesten Präparat zu diesem Zweck stößt man auf ein Kombinationspräparat aus Brennesselwurzelextrakt und Sabalextrakt, für welches 3 Studien vorliegen, die im Vergleich zu einem Placebo eine deutliche Wirksamkeit belegten und im Vergleich zu 5-a-Reduktasehemmern und a-Blockern Wirkungsgleichheit feststellten. Auch für ein Extrakt aus Kürbissamen existiert eine vielversprechende Studie. Interessant für unseren BLOG ist das Ergebnis einer Studie, welche die Auswirkungen von Kürbiskernen mit einem standardisierten Extrakt verglich. Die Einnahme der Kürbiskerne war der Verabreichung des Extrakts weit unterlegen. Für die Wirksamkeit einer Kapsel des Präparats „ProstaFink forte“ ist die Einnahme von 60 Kürbiskernen nötig. Die empfohlene Tagesdosierung ohne ärztliche Verordnung liegt bei 2 Kapseln sprich also 120 Kürbiskernen und hier auch keine normalen Kürbiskerne, sondern die Kerne des Arzneikürbis.Interessant:
Freiverkäufliche Kürbis-Präparate werden von den Krankenkassen nicht übernommen.
Das Prostatawachstum lässt sich mit einer normalen Einnahme handelsüblicher Kürbiskerne nicht reduzieren. Eine abschwellende Wirkung würde sich bei einem dauerhaften Verzehr von etwa 1,5kg pro Tag ergeben, so die Aussage von Dr. Bühmann vom Berufsverband deutscher Urologen. Studien verwenden meist standardisierte Kürbiskern-Extrakte und keine Kürbiskerne.
Fazit:
Der Verzehr normaler Kürbiskerne wird nicht dabei helfen das Prostatawachstum wieder zu reduzieren! Auch hinsichtlich der Symptomatik in Verbindung mit BPS verspricht die Einnahme nicht zwangsläufig eine Wirkung, da der normale Kürbiskern hierfür zu wenig der hauptsächlich wirkenden Substanz ?-Sitosterol enthält.