Liebe Blogleserinnen und Blogleser,
in der Welt des Sports finden sich immer wieder sinnvolle Anwendungsmöglichkeiten für Zucker. Sportliche Betätigung setzt je nach Intensität, Dauer und Disziplin eine gewisse Menge Kohlenhydrate um. Wer an Leistungssteigerung oder Muskelaufbau interessiert ist, möchte verbrauchtes Glykogen (unsere Zuckerreserven) in Leber und Muskulatur möglichst vollständig wieder auffüllen, um damit zum einen die Regeneration voranzutreiben, andererseits um die Leistungsfähigkeit möglichst schnell wieder herzustellen. Auf der Suche nach den „besten“ Zuckerarten für diesen Zweck führt der Weg über Glucose und die Verwendung von herkömmlichem Haushaltszucker letztlich zu veränderten Zuckerarten wie Maltodextrin oder auch dem relativ unbekannten Kohlenhydrat Isomaltulose, auch bekannt als Palatinose. Letztgenanntes möchte ich heute etwas genauer unter die Lupe nehmen und mögliche Einsatzmöglichkeiten aufzeigen.
Was ist Isomaltulose?
Eigentlich handelt es sich bei Isomaltulose (-6-O-α-D-Glucopyranosyl-D-fructofuranose) wie auch bei Haushaltszucker um einen aus Zuckerrüben hergestellten Zweifachzucker (Saccharose), bestehend aus Glucose und Fructose. Die sog. bakterielle Fermentation mithilfe des Enzyms α-Glucosyltransferase sorgt dafür, dass es sich bei Isolamtulose um einen Zucker mit ganz besonderen Eigenschaften handelt. Neben seiner synthetischen Herstellung findet sich Isomaltulose in der Natur auch in Honig und Zuckerrohr, allerdings nur in geringen Mengen. „Erfunden“ und mit dem Handelsnamen „Palatinose“ versehen wurde Isomaltulose bereits 1957 von einer Firma namens „Südzucker“. Seit 1985 weiß man um die Verwendung von Isomaltulose als Zuckerart in Japan.
Erst seit 2005 besitzt Isomaltulose eine Zulassung als neuartiges Lebensmittel laut Novel-Food-Verordnung. In den USA wurde Palatinose 2006 mit dem GRAS-Status (generally recognized safe) der FDA versehen. Eine Studie aus 2010 bescheinigt Palatinose gute Verträglichkeit sowie ausbleibende negative Effekte auf die Blutfette. Diese Eigenschaft macht Palatinose mitunter zu einer Zuckerart, die auch bei erhöhtem Risiko für Gefäßerkrankungen zum Einsatz kommt. Toxikologische Prüfungen bescheinigen ebenfalls eine Sicherheit bis zu einer Aufnahme von 7g pro Kilogramm Körpergewicht und stellen fest, dass Portionen bis 50g hervorragend vom Verdauungstrakt toleriert werden.
Hinsichtlich seiner Süßkraft ist Isomaltulose herkömmlichen Haushaltszucker unterlegen. Sie wird mit einem Faktor von 0,4 bewertet, während für Haushaltszucker ein Faktor von 1,0 gilt.
Zur Aufnahme und kalorischen Bewertung von Palatinose existiert eine Studie aus 2010. Sie bescheinigt, unabhängig von der Art des Lebensmittels (Getränk oder feste Nahrung), eine Verdaulichkeit zwischen 95 und 98,8% sowie eine Absorptionsquote zwischen 93,6 und 96,1%, weshalb man für das Gramm Palatinose einen Wert von 4 (also wie bei jedem anderen Kohlenhydrat auch) in die Kalorienbilanz aufnehmen muss.
Fazit
Bei Isomaltulose handelt sich um enzymatisch verarbeiteten Haushaltszucker, dem Sicherheit, gute Verträglichkeit sowie eine hohe Verdaulichkeits- und Absorptionsquote bescheinigt wird.
Welche Vorteile darf man sich als Sportler von Isomaltulose erwarten?
1. Blutzucker
Anders als bei sonstigen Zuckerarten wie beispielsweise Maltodextrin oder auch Dextrose, die gerne in Sportarten mit lang andauernder Belastung oder für Phasen erhöhter Denkleistung zum Einsatz kommen, geht der Vorgang der Hydrolisierung und Absorption im Dünndarm bei Isomaltulose etwas langsamer von Statten. Auch beginnt die eigentliche Verdauung von Isomaltulose nicht wie bei anderen Zuckerarten bereits Mund (via Speichelamylasen), sondern erst im eigentlichen Verdauungstrakt. All diese Eigenschaften sorgen dafür, dass die Aufnahme von Isomaltulose zu einem vergleichsweise langsamen Anstieg des Blutzucker- und Insulinaufkommens führt. Dies konnten Messungen aufzeigen, die jedoch wissenschaftlich als nicht anerkannt gelten, daher gilt diese Aussage bisher als nicht zweifelsfrei belegt. Beigefügte Darstellung vergleicht den Verlauf des Blutzuckers zwischen Haushaltszucker und Isomaltulose.
Mit der Aufnahme von gewöhnlichem Haushaltszucker, aber auch anderer Zuckerarten, ließ sich etwa 30 Minuten nach der Aufnahme eine starke Blutzuckerspitze (Erhöhung um 2,5 mmol/l) verzeichnen. Auch bei Isomaltulose kam es nach 30 Minuten zu einem Anstieg des Blutzuckers, der allerdings lediglich in einem Bereich um die 1,25mmol/l lag. Diese Eigenschaft macht Isomaltulose im Vergleich zu Haushaltszucker zu einer Verbindung mit wesentlich geringerem glykämischen Index (32 statt 65 bei Haushaltszucker und sogar 99 bei Dextrose).
Wie wir ebenfalls sehen, vermag Isomaltulose den Blutzucker länger auf einem leicht erhöhten Level zu halten. Dabei handelt es sich um eine Eigenschaft, die für alle Sportlerinnen und Sportler interessant ist, die auf eine lange, fortwährende Versorgung mit Zucker angewiesen sind. Da Haushaltszucker, wie schön zu erkennen ist, den Blutzuckerspiegel binnen 60-90 Minuten nach der Aufnahme sogar unter Ausgangswert drückt, könnte Isomaltulose hier in der Praxis die bessere Alternative bei allen Trainingseinheiten und sportlichen Wettkämpfen mit mehr als 60-minütiger Dauer darstellen. Dies zeigen Messungen auf, die wissenschaftlich jedoch nicht als anerkannt gelten, wonach diese Wirkung nicht zweifelsfrei belegt ist. Natürlich könnte man den Abfall des Blutzuckers mit schnelleren Zuckerarten umgehen, indem man im Laufe des Trainings stetig schnelle Kohlenhydrate „Intra-Workout“ nachreicht, sinnvoller ist hier jedoch definitiv der Einsatz eines Kohlenhydrates mit den Eigenschaften von Isomaltulose, da
- zum einen Blutzuckerspitzen und entsprechend auch ein Blutzuckerabfall individuell stark und auch etwas zeitversetzt von Statten gehen kann, was es schwer macht, den Zeitpunkt einer neuen Gabe genau zu timen
- zum anderen die genannte Maßnahme zu einem stetig hohen Insulinaufkommen führen würde, also dem Hormon, welches für lipolytische (fettverbrennende)Vorgänge jedwelcher Art das sofortige AUS bedeutet
Das sagen Studien
Weniger Blutzucker und Insulin – Mehr Fettoxidation
An Stoffwechselkranken Probanden mit metabolischem Syndrom wurde der stark unterschiedliche Einfluss von einmal Zucker und Palatinose 2012 im Nutrition Journal of Burbank untersucht. Die 28 Probanden erhielten hierzu morgens entweder Zucker oder Palatinose (50g), leisteten zwei Stunden danach ein 30-minütiges moderat-intensives Training ab und erhielten danach zum Lunch nochmals einen Drink, der entweder mit Haushaltszucker oder Palatinose versetzt war. Im Ergebnis wurden mit der Aufnahme von Palatinose signifikant niedrigere Werte bei Blutzucker- und Insulin festgestellt, gleichzeitig war die Fettoxidation in der Palatinose-Gruppe zudem deutlich höher und zwar in Ruhe und auch während körperlicher Aktivität, weshalb die Forscher in der Verwendung von Palatinose als Ersatzzucker einen langfristigen Vorteil sehen.
Bestätigt wird dieses Ergebnis von einer weiteren Studie aus dem British Journal of Nutrition (2009) an zehn übergewichtigen Probanden, denen man nach einer nächtlichen Fastenphase einen Kohlenhydratdrink verabreichte, der entweder aus Einfachzucker oder Palatinose bestand, und in diesem Zusammenhang Blutmarker sowie die Werte aus Atemgasanalysen untersuchte. Auch hier wurde eine verringerte Blutzucker- sowie Insulinantwort festgestellt und es kam zu einer um 14% niedrigeren Hemmung der Fettoxidation postprandial (also nach der Nahrungsaufnahme).
2012 konnten ähnliche Ergebnisse an glukoseintoleranten Probanden festgestellt werden. Ein 43% schwächerer Anstieg des Blutzuckers, 34% weniger Plasmainsulin und eine 22% geringere Abnahme der Fettoxidation waren das Resultat eines Vergleichs zwischen Saccharose und Isomaltulose.
Auch an gesunden, trainierten Probanden wurden Unterschiede der Verwendung verschiedener Energiesubstrate nach der Verabreichung von entweder Isomaltulose oder Haushaltszucker untersucht. Im Ergebnis kam es zu einer höheren endogenen Kohlenhydratoxidation, einer niedrigeren Oxidation verabreichter Kohlenhydrate sowie zu einer gesteigerten Fettoxidation unter Verabreichung von Isomaltulose im Vergleich zu Haushaltszucker. Zu dem gesamten Studienmaterial sei anzumerken, dass es sich hierbei um wissenschaftlich nicht anerkannte Ergebnisse handelt, demnach eine wirkungsbezogene Aussage nicht möglich ist, da diese als nicht belegt gilt.
Fazit
Natürlich befasst sich die Forschung zu einem Kohlenhydrat, dem man nachsagt, den Blutzuckerspiegel und das Insulinaufkommen weniger stark zu beeinflussen, in erster Linie mit stoffwechselkranken Menschen wie Diabetikern, Prädiabetikern oder Personen mit bestehender Glukoseintoleranz, dennoch finden sich aber zumindest auch einige wenige Hinweise zu möglichen Vorteilen für eine Verwendung von Isomaltulose bei Sportlern.
2. Karies
Nicht direkt sportlerspezifisch, sicher aber auch nicht ganz uninteressant ist die Eigenschaft von Isomaltulose keine Karies auszubilden. Wie wir bereits erfahren haben, beginnt die Spaltung dieser Zuckerform nicht wie bei gewöhnlichem Zucker bereits im Mund, sondern erst im Darm. Diese Eigenschaft sorgt dafür, dass Karies-bildende Bakterien der Mundflora Isomaltulose nicht zur Säurebildung verwenden können und damit der ph-Wert im Mund nicht in einen kritischen Bereich absinkt der Erosionsschäden verursacht.
Fazit
Bei Isomaltulose handelt sich um einen sehr „zahn-freundlichen“ Zucker.
Resümee
Isomaltulose ist letztlich zwar nur leicht veränderter Haushaltszucker, gerade diese kleine Veränderung macht ihn aber zu einem äußerst interessanten Zucker für Sportler. Erwarten darf man sich eine Zuckerform, die eine lang anhaltende Versorgung mit Kohlenhydraten ermöglicht und somit herkömmlichen Zuckerformen überlegen ist. Als Praktiker kann ich mir Isomaltulose hervorragend in einem Pre-Workout-Shake oder Intra-Workout für lange Ausdauerwettkämpfe oder stark ausgedehnte Krafttrainingseinheiten vorstellen.
Sportlicher Gruß
Ihr
Holger Gugg
www.body-coaches.de
Bildquelle: Fotolia.com - theartofphoto
Special Thanks to Daniel Ebenthal für die Unterstützung bei der Recherche
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