Liebe Leserinnen und Leser, Liebe Peak-Kundinnen und Kunden,
„schnurstracks“ befasse ich mich auch im dritten Teil dieser Beitragsreihe wieder mit 10 Studien aus dem ISSN-Protokoll von 2017 und damit mit den neuesten Erkenntnissen aus der Ernährungs- und Trainingswissenschaft! Ich hoffe ihr habt euch die Teile 1 und 2 nicht entgehen lassen!
Viel Spaß
Studie 21
Two years on a high-protein diet: much ado about nothing
„Viel Lärm um nichts“ steht schon im Titel dieser Studie von Ellerbroek et al die sich mit den Auswirkungen einer erhöhten Proteinaufnahme an (leider nur) 5 gesunden, trainierten Probanden befasst. Die Probanden praktizierten bereits eine High-Protein-Diet (über 2,2g pro Kilogramm Körpergewicht) und führten dies nun über weitere 2 Jahre unter kontrollierten Bedingungen (Labortests alle 6 Monate sowie Auswertung von Ernährungsprotokollen) durch. Die Darstellung zeigt, dass sich die durchschnittliche Proteinaufnahme der Probanden in einem Bereich von 1,5 bis sogar 5,1 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht (138 bis 562g pro Tag) bewegte. Bei keinem der Probanden zeigten sich binnen des Versuchszeitraums schädliche Auswirkungen auf die Leber- oder Nierenfunktion. Alle Probanden wiesen eine überdurchschnittliche Knochenmineraldichte auf.
Fazit
Zwar nur 5 Probanden, dafür aber Real-Life-Bedingungen und ein verhältnismäßig langer Zeitraum über den man in Zusammenhang mit einer erhöhten Proteinaufnahme keinerlei schädliche Auswirkungen auf abbauende, entgiftende oder ausleitende Organe, dafür aber eine durchweg gute Knochenmineraldichte nachweisen konnte.
Studie 22
Changes in nutritional biomarkers, perceived stress, and performance in D1 female soccer players across a competitive season
„Wie merke ich dass ich übertrainiert bin?“ Eine Frage die sich sicher viele Sportlerinnen und Sportler gerade zu Zeiten erhöhter Belastung häufig stellen. Hofacker und Kollegen untersuchten zu diesem Thema Blutmarker, Biomarker, Schlafeigenschaften, Leistungswerte (vertikale Sprungkraft) sowie Stimmungswerte an Fußballerinnen einmal vor und dann im Verlauf einer Spielesaison. Markant zeigten sich abfallende und durchweg verringerte Werte bei Tryptophan sowie Vitamin D. Glutamin, Eisen und Omega-3-Fettsäuren verringerten sich zunächst beim Übertritt von der Vorsaion in die laufende Saison, erholten sich dann aber wieder. Durchweg erhöhte Werte stellten die Forscher bei Vitamin B12 fest, während sich Taurin und Phenylalanin nicht signifikant veränderten. Die Probandinnen verzeichneten im Laufe der Saison einen sich verschlechternden Stimmungs-Index. Während sich die Schlafdauer erhöhte, blieb die Schlafqualität während der gesamten Zeit unverändert. Einbußen bei Leistungswerten wurden erst im letzten Abschnitt der Saison festgestellt.
Fazit
Die Studie belegt Veränderungen von Biomarkern, der Stimmung und Leistungswerten sowie der Schlafdauer unter erhöhter Belastung. Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang der stetig fallende Wert von Tryptophan als Muttersubstanz von Serotonin (Stimmung) sowie von Vitamin D (Leistungsmarker und Stimmung). Wer sich nicht sicher ist ob er bereits ins Übertraining abgleitet könnte diese beiden Marker als Frühindikatoren in Betracht ziehen.
Studie 23
Sex-dependent BCAA metabolism as a function of training background and exercise modality
Zur inzwischen generell als wackelig bekannten Anwendung von BCAA zumindest für die Zielsetzung Muskelaufbau (5,6) haben Pellegrino und Kollegen untersucht, welche Unterschiede es im BCAA-Stoffwechsel in Abhängigkeit vom Geschlecht, der Trainingsroutine (Kraft- oder Ausdauersportler) sowie der akuten Belastung (Kraft- oder Cardiotraining) gibt. Wie sich zeigte, sorgt körperliche Belastung grundsätzlich zu einem Abfall des BCAA-Aufkommens im Blut (ein Zeichen für Verbrauch), es gab jedoch Unterschiede in der Ausprägung. Für Frauen zeigte sich ein stärkerer Rückgang in Abhängigkeit von der akuten Belastung speziell bei Krafttraining während der Trainingshintergrund weniger eine Rolle spielte. Bei Männern war es genau umgekehrt. Hier zeigte sich besonders bei an Krafttraining gewöhnten Probanden unabhängig von der Belastung ein stärkerer Rückgang des BCAA-Aufkommens im Blut sowohl bei Kraft- als auch bei Cardiotraining.
Fazit
Die Studie differenziert den tatsächlichen BCAA-Verbrauch unter akuter Belastung abhängig vom Geschlecht und dem Trainingsstatus. Frauen verbrauchen diese wie es scheint besonders bei Krafttraining, während bei Männern insbesondere der Stoffwechsel der an Krafttraining Gewohnten unabhängig von der Belastung auf BCAA zurückgreift. Die Studie trifft KEINE Aussage darüber, inwieweit man von einer gezielten BCAA-Supplementierung profitiert. Frauen die Krafttraining betreiben und an Krafttraining gewohnte Männer sollten dennoch ganz besonders auf eine ausreichende Verfügbarkeit von EAA (nicht nur BCAA) zum Training oder Wettkampf achten.
Studien 24/25
The effects of Teacrine and caffeine on endurance and cognitive performance during a simulated match in high-level soccer players
Über Theacrine als „Koffein ohne Gewöhnungseffekt habe ich bereits einiges geschrieben (1). Jetzt vergleicht eine neue Studie direkt die Effekte von Koffein und/oder des artverwandten Theacrine auf die kognitive Leistungsfähigkeit und die Erschöpfungswiderstandsfähigkeit im Rahmen eines simulierten Fußballspieles (90 Minuten-Simulation auf dem Laufband) an trainierten Probanden. Sowohl unter Verabreichung von Koffein (275mg) als auch unter Verabreichung von Theacrine (275mg) oder einer Kombination (125mg Theacrine / 150mg Koffein) trat der Erschöpfungszustand verglichen mit Placebo später ein (27-38%). Die Konzentrationsfähigkeit wurde am stärksten von der kombinierten Verabreichung (Koffein und Theacrine) beeinflusst. Das Forscher-Team vermutet, dass der überlappende Wirkungseintritt und Wirkungsverlauf dafür verantwortlich sein könnte. Über die Dosis ließe sich weiter optimieren wie lange die Wirkung anhalten soll (individuell in Abhängigkeit der Gen-Variante zum Koffeinmetabolismus (2)).
Effects of a single dose of TeaCrine®, caffeine, or their combination on subjective feelings, cognitive performance, and hemodynamics in men and women
In einer weiteren Studie wurde einerseits die Verträglichkeit von Theacrine (Einfluss auf Blutdruck und Herzfrequenz), seine Auswirkung auf das subjektive Belastungsempfinden und wieder auf kognitive Leistungsmarker untersucht. Die 50 Probanden erhielten zu unterschiedlichen Zeiten 25mg Theacrine, 125mg Theacrine, 150mg Koffein oder eine Kombination aus 125mg Theacrine und 150mg Koffein. Im Ergebnis zeigten sich verglichen mit Placebo durchweg günstige Veränderungen bei Fokussierung, Energielevel sowie reduzierte Müdigkeit in allen Gruppen. Die Ergebnisse aus den Koffeingruppen oder der kombinierten Verabreichung (Koffein und Theacrine) zeigten insgesamt etwas mehr Wirkung. Auch hier stellten die Forscher fest, dass Koffein und Theacrine unterschiedlich schnell und unterschiedlich lange wirken. Während in der Koffein/Theacrine Gruppe Fokus und Energielevel über 2 Stunden erhalten blieben, zeigte sich Signifikanz bei reinem Theacrine (125mg) erst 3 Stunden nach der Einnahme. Die Verabreichung Theacrine beeinflusste den Blutdruck (3 Herzschläge/Minute) und den Blutdruck (3mm/HG) nur in geringem Ausmaß.
Fazit
Für den Erhalt der körperlichen Leistungsfähigkeit scheinen Koffein und Theacrine in etwa gleich stark zu wirken. Wenn es um kognitive Marker geht schneidet die Kombination am besten ab. Interessant fürüSportler ist der unterschiedliche Wirkungseintritt beider Substanzen. Studie 2 bescheinigt Theacrine Unbedenklichkeit hinsichtlich Markern der Herzgesundheit. Dank dieser Erkenntnisse und der Bestimmung des individuellen Koffeinmetabolismus-Gentyps ließen sich nun Einnahmemengen und Einnahmezeitpunkte von Koffein und Theacrine bei Sportlern optimieren.
Für die Praxis lassen sich 2 Tipps ableiten:
- Kombinierte Verabreichung von Koffein und Theacrine
- Zeitversetzte Einnahme (Theacrine 2-3 Stunden vor der Belastung, Koffein 30 Minuten davor)
Studie 26
Resistance training combined with diet decreases body fat while preserving lean mass independent of resting metabolic rate
Mull et al untersuchten an 40 adipösen Probandinnen über 16 Wochen
- ob Krafttraining plus hypokalorische Ernährung wirklich in der Lage sind die Körperzusammensetzung positiver zu beeinflussen als nur Krafttraining oder alleiniges Diät halten
- ob Krafttraining plus hypokalorische Ernährung in der Lage sind gleichzeitig Muskelmasse auf und Fettmasse abzubauen
Alle Probandinnen ernährten sich gleich. Die Proteinaufnahme lag bei 3,22g pro Kilogramm fettfreier Masse pro Tag. Trainiert wurde in den Wochen 1 bis 3 je 3mal pro Woche, danach noch 2x pro Woche. Die Probandinnen aller Testgruppen nahmen verglichen zur Kontrollgruppe an Fettmasse ab. Es zeigte sich ein zunehmend stärkerer Rückgang bei Fettmasse bei alleinigem Krafttraining, gefolgt von einer reinen Diätmaßnahme und letztlich bei Krafttraining plus Diät mit den besten Effekten. Nur die Gruppe „Krafttraining“ verzeichnete einen Zuwachs an fettfreier Masse, während bei keiner Gruppe eine signifikante Veränderung des Ruheumsatzes eintrat.
Fazit
Krafttraining plus hypokalorische Diät sorgte für den größten Verlust an Fettmasse und waren in der Lage Muskelmasse immerhin zu erhalten (ebenso wie alle anderen Gruppen). Muskelaufbau im Kaloriendefizit ist und bleibt nach wie vor ein gerne versprochener aber nie gehaltener Mythos, zumindest nicht dauerhaft und signifikant!
Studie 27
Impact of Beta-alanine supplementation on blood lactate changes and lower body power in collegiate rugby athletes
Beta-Alanin ist dafür bekannt das Aufkommen an Carnosin im Körper effektiver zu erhöhen als die Aufnahme von Carnosin selbst. Carnosin fungiert als intrazellulärer Puffer der in der Lage ist den richtigen ph-Wert aufrecht zu erhalten, weshalb man Beta-Alanin als Ergänzung bis dato insbesondere bei laktazider Belastung im Bereich Kraftausdauer empfiehlt. Smith et al untersuchten nun erneut Placebo unter kontrollierten Bedingungen die Effekte eine Verabreichung von 6,4g Beta-Alanin über 6 Wochen an Rugbyspielern. Die Probanden mussten Testsprints absolvieren während das Aufkommen an Laktat im Blut unter Ruhebedingungen, nach 2 Sätzen, nach 4 Sätzen und nach Abschluss des Tests bestimmt wurde. Sie führten zudem 5 Sätze Back Squats mit 70% 1-RM aus, wobei die Kraftausdauerwerte, Ausdauerleistung und Spitzenleistungen ausgewertet wurden. Im Ergebnis zeigte sich ein nur enttäuschender, da nicht signifikanter Einfluss auf das Blutlaktataufkommen und nur ein minimaler Einfluss auf die Kraftleistungen im Rahmen mehrerer Trainingssätze bis zur Erschöpfung.
Fazit
Neueste Erkenntnisse aus einer kontrollierten Studie an trainingserfahrenen Probanden mit einer gut gewählten (da gebräuchlichen) Dosierung bescheinigen Beta-Alanin nur marginale Effekte im submaximalen Bereich. In einer aktuellen Meta-Analyse zu Beta-Alanin heißt es: „There may be a number of confounding factors, including exercise type, duration and mode and population, which may influence the effects of β-alanine supplementation“(3) . Wie es scheint bleibt bei Beta-Alanin vorerst nur der Selbstversuch um sich von einem individuell eintretenden Effekt zu überzeugen.
Studien 28/29/30
The effect of the addition of an amylopectin/chromium complex to increasing doses of whey protein on muscle protein synthesis in rats
Ja es handelt sich um einen Tierversuch. Der Inhalt ist aber interessant genug um ihn hier vorzustellen, zumal im ISSN-Protokoll 2017 dazu gleich 3 Studien auftauchen.
Schon in der Vergangenheit (4) zeigte sich mit der kombinierten Einnahme eines Amylopektin-Chrom-Komplex mit dem Namen Velositol mit nur 6g Molkenprotein eine Verdoppelung der trainingsinduzierten Muskelproteinsynthese verglichen mit der alleinigen Aufnahme derselben Menge Molkenprotein ohne Velositol. Die Standardportion Velositol liefert 1,79g des hauptsächlichen Bestandteils in Stärke, dem Amylopektin sowie 1mg Chrom (als Chrom Picolinat und Chrom Histidinat).
Komorowski und Kollegen stellten den Versuch nun erneut an männlichen Ratten in Verbindung mit körperlicher Betätigung an und wieder zeigten sich dieselben Resultate einer deutlich stärkeren Muskelproteinsynthese unter Verwendung von Wheyprotein plus Velositol. Besonders interessant war hier die Feststellung, dass sich umgerechnet auf das menschliche Äquivalent Effekte auch mit einer höheren Wheyprotein-Dosierung aufzeigen ließen wie beigefügte Darstellung zeigt:
Muscle protein synthesis of pea protein is significantly enhanced with the addition of an amylopectin/chromium complex
Weiter geht es mit einem Versuch derselben Forschergruppe, dieses Mal aber nicht mit einem Protein tierischen Ursprungs sondern mit Erbsenprotein. Wieder zeigte sich verglichen mit einer „proteinlosen“ Kontrollgruppe in beiden Proteingruppen eine Anhebung der Proteinsynthese, die auch hier nochmals merklich höher unter kombinierter Gabe von Protein plus Velositol auftrat.
The effect of the addition of an amylopectin/chromium complex to branched-chain amino acids on muscle protein synthesis in rats
Letztlich wurde der Versuch noch mit der Verabreichung von BCAA und körperlicher Betätigung unternommen. Selbst hier verzeichnete die kombinierte Gruppe eine um 14% (71% statt 57%) stärkere Auswirkung auf die trainingsbedingte Muskelproteinsynthese verglichen mit der alleinigen Verabreichung von BCAA an Versuchstiere (6g Äquivalent).
Fazit
Zu vielen Innovationen gibt es erste Hinweise auf merkliche Effekte zunächst nur aus dem Tierversuch bevor man sich auch an Humanstudien heranwagt. Velositol ist ein Musterbeispiel hierfür. Die Ergebnisse aus Tierstudien sind erstaunlich, genügen aber natürlich noch nicht für eine uneingeschränkte Empfehlung zum Einsatz für Sportler. Es bleibt abzuwarten was hier weiter geschieht!
Resümee
In Teil 3 haben wir wieder einmal bestätigt bekommen, dass High-Protein aus gesundheitlicher Sicht keinerlei Problem darstellt. Blutmarker wurden als eine Art Frühwarnsignal für Übertraining dingfest gemacht und es fand eine Differenzierung im Verbrauch von BCAA unter akuter Belastung sowie in Abhängigkeit der Geschlechter statt. Neben Koffein als beliebtem Stimulans zeigt auch Theacrine mehr und mehr positive Seiten. Wie es scheint profitiert man von einer kombinierten Einnahme. Krafttraining kann zusammen mit hypokalorischer Ernährung Fettmasse deutlich reduzieren und Muskelmasse erhalten mehr aber nicht. Beta-Alanin musste eine Schlappe im Versuch an aktiven Sportlern hinnehmen, dafür haben wir mit Velositol aber eine Substanzkombination kennen gelernt die möglicherweise bald schon in den ersten innovativen Produkten der Sportlerszene auftauchen wird.
In wenigen Tagen gehen wir mit Teil 4 in den Endspurt dieser Beitragsreihe. Bleibt unbedingt am Ball da es nochmals 10 Ergebnisse aus 10 interessanten neuen Studien geben wird!
Sportlicher Gruß
Holger Gugg
www.body-coaches.de